Zwölfter Auftritt


[356] Anton. Valer. Lisette.


ANTON mit Briefen in der Hand. Ha! ha! haltet ihr wieder Konferenz! Wenn es mein Herr wüßte, daß in seiner eignen Stube die schlimmsten Anschläge wider ihn geschmiedet werden, er würde dich, Lisette – – Aber, wie steht ihr denn da beisammen? Herr Valer scheint betrübt: du bist erhitzt, erhitzt, wie ein Zinshahn. Habt ihr euch geschlagen, oder habt ihr euch sonst eine Motion gemacht? Ei, ei, Lisette! höre – – Sachte zu Lisetten. du hast dich doch der Ausstattung wegen mit ihm nicht überworfen? Hat er sein Wort etwa zurück gezogen? Das wäre ein verfluchter Streich. Laut. Nein, nein, Herr Valer, was man verspricht, das muß man halten. Sie hat Ihnen redlich gedienet, und ich auch. Zum Henker, glauben Sie denn, daß es einmal einer ehrlichen Seele keine Gewissensbisse verursachen muß, wenn sie ihre Herrschaft für Null und Nichts betrogen hat? Ich lasse mich nicht vexieren; und meine Forderung[356] wenigstens – – Hol mich dieser und jener! ich nehm einen Advokaten an, einen rechten Bullenbeißer von einem Advokaten, der Ihnen gewiß so viel soll zu schaffen machen –

LISETTE. Ach Narre, schweig!

VALER. Was will er denn? mit wem sprichst du denn?

ANTON. Potz Stern! mit unserm Schuldmanne sprech ich. Das können Sie ja wohl am Tone hören.

VALER. Wer ist denn dein Schuldmann?

ANTON. Kommt es nun da heraus, daß Sie die Schuld leugnen wollen? Hören Sie: mein Advokat bringt Sie zum Schwur – –

VALER. Lisette, weißt denn du, was er will?

LISETTE. Der Schwärmer! ich brauchte ihn vorhin zu Überbringung des Briefes, und versprach ihm, wenn die Sache gut ausfallen sollte, eine Belohnung von Ihnen.

VALER. Weiter ist es nichts?

ANTON. Ich dächte noch, das wäre genug. Und wie hält es denn mit Lisettens Ausstattung? Ich muß mich um ihr Vermögen so gut als um das meinige bekümmern, weil es doch meine werden soll.

VALER. Seid unbesorgt; wenn ich mein Glück mache, so will ich das eurige gewiß nicht vergessen.

ANTON. Gesetzt aber, Sie machten es nicht? Und was versprochen ist, ist doch versprochen.

VALER. Auch alsdenn will ich euern Eifer nicht unbelohnt lassen.

ANTON. Ach, das sind Komplimente, Komplimente!

LISETTE. So hör einmal auf!

ANTON. Bist du nicht eine Närrin; ich rede ja für dich mit.

LISETTE. Es ist aber ganz unnötig.

ANTON. Unnötig? habt ihr euch denn nicht gezankt?

LISETTE. Warum nicht gar?

ANTON. Hat er sein Versprechen nicht zurückgezogen?

LISETTE. Nein doch.

ANTON. O so verzeihen Sie mir, Herr Valer. Die Galle kann einem ehrlichen Manne leicht überlaufen. Ich bin ein wenig hitzig, zumal in Geldsachen. Fürchten Sie sich für den Advokaten nur nicht – –[357]

VALER. Und ich kann in einer so marternden Ungewißheit hier noch verziehen? Ich muß sie sprechen; vielleicht hat sie es noch nicht getan – –

LISETTE. Hat sie es aber getan, so kommen Sie dem Alten ja nicht zu nahe!

VALER. Ich habe von dem ganzen Handel nichts gewußt.

LISETTE. Desto schlimmer alsdenn für mich. Gehen Sie nur.


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 1, München 1970 ff., S. 356-358.
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