[348] Chrysander. Damis. Valer.
CHRYSANDER. Gut, gut, Herr Valer, Sie kommen gleich zur rechten Stunde.
DAMIS. Was will der unerträgliche Mensch wieder?
VALER. Ich komme Abschied von Ihnen beiden zu nehmen – –[348]
CHRYSANDER. Abschied? so zeitig? warum denn?
VALER. Ich glaube nicht, daß Sie im Ernste fragen.
CHRYSANDER. Gott weiß es, Herr Valer; in dem allerernstlichstem Ernste. Ich lasse Sie wahrhaftig nicht.
VALER. Um mich noch empfindlicher zu martern? Sie wissen, wie lieb mir die Person allezeit gewesen ist, die Sie mir heute entreißen. Doch das Unglück wäre klein, wenn es mich nur allein träfe. Sie wollen noch dazu diese geliebte Person mit einem verbinden, der sie eben so sehr haßt, als ich sie verehre? Meine ganze Seele ist voller Verzweiflung, und von nun an werde ich, weder hier, noch irgendswo in der Welt wieder ruhig werden. Ich gehe, um mich – –
CHRYSANDER. Nicht gehen, Herr Valer, nicht gehen! Dem Übel ist vielleicht noch abzuhelfen.
VALER. Abzuhelfen? Sie beschimpfen mich, wenn Sie glauben, daß ich jemals diesen Streich überwinden werde. Er würde für ein minder zärtliches Herz, als das meinige ist, tödlich sein.
DAMIS. Was für ein Gewäsche! Setzt sich an seinen Tisch.
VALER. Wie glücklich sind Sie, Damis! Lernen Sie wenigstens Ihr Glück erkennen; es ist der geringste Dank, den Sie dem Himmel schuldig sind. Juliane wird die Ihrige – –
CHRYSANDER. Ei, wer sagt denn das? Sie soll noch zeitig genug die Ihrige werden. Herr Valer, nur Geduld!
VALER. Halten Sie inne mit Ihren kalten Verspottungen – –
CHRYSANDER. Verspottungen? Sie müssen mich schlecht kennen. Was ich sage, das sag ich. Ich habe die Sache nun besser überlegt; ich sehe, Juliane schickt sich für meinen Sohn nicht, und er sich noch vielweniger für Julianen. Sie lieben sie; Sie haben längst bei mir um sie angehalten; wer am ersten kömmt, der muß am ersten mahlen. Ich habe eben mit meinem Sohne davon geredt – – Sie kennen ihn ja – –
VALER. Himmel, was hör ich? Ist es möglich? welche glückliche Veränderung! Erlauben Sie, daß ich Sie tausendmal umfange. Soll ich also doch noch glücklich sein? O Chrysander! o Damis!
CHRYSANDER. Reden Sie mit ihm, und setzen Sie ihm den Kopf ein wenig zurechte. Ich will zu Julianen gehen, und[349] ihr meinen veränderten Entschluß hinterbringen. Sie wird mir es doch nicht übel nehmen?
VALER. Übel? Sie werden ihr das Leben wieder geben, so wie Sie es mir wieder gegeben haben.
CHRYSANDER. Ei! kann ich das? Geht ab.
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