Sechster Auftritt

[652] PAUL WERNER. Das ist kein unebenes Frauenzimmerchen! – Aber ich hätte ihr doch nicht versprechen sollen, zu warten. – Denn das Wichtigste wäre wohl, ich suchte den Major auf. – Er will mein Geld nicht, und versetzt lieber? – Daran kenn ich ihn. – Es fällt mir ein Schneller ein. – Als ich vor vierzehn Tagen in der Stadt war, besuchte ich die Rittmeisterin Marloff. Das arme Weib lag krank, und jammerte, daß ihr Mann dem Major vierhundert Taler schuldig geblieben wäre, die sie nicht wüßte, wie sie sie bezahlen sollte. Heute wollte ich sie wieder besuchen; – ich wollte ihr sagen, wenn ich das Geld für mein Gütchen ausgezahlt kriegte, daß ich ihr fünfhundert Taler leihen könnte. – Denn ich muß ja wohl was davon in Sicherheit bringen, wenns in Persien nicht geht. – Aber sie war über alle Berge. Und ganz gewiß wird sie den Major nicht haben bezahlen können. – Ja, so will ichs machen; und das je eher, je lieber. – Das Frauenzimmerchen mag mirs nicht übel nehmen; ich kann nicht warten. Geht in Gedanken ab, und stößt fast auf den Major, der ihm entgegen kömmt.


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 1, München 1970 ff., S. 652.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück
Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück: Ein Lustspiel in fünf Aufzügen
Klassische Schullektüre: Klassische Schullektüre, Minna von Barnhelm oder Das Soldatenglück. Text und Materialien
Minna von Barnhelm, oder Das Soldatenglück: Ein Lustspiel in fünf Aufzügen (Suhrkamp BasisBibliothek)
Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück