Der Türke

[24] Ein ganz und gar perverser Türke kaufte sich

Aus Trauer über den erst jüngst erfolgten Tod

Der fetten Fatme, seines Lieblingsweibes,

Bei seinem Mädchenhändler zwei noch ziemlich gut erhaltne –

Man kann fast sagen: beinah nagelneue –

Und eben frisch aus Frankreich importierte,

Ehemalge Mannequins.

Als er sie hatte, sang er, sich zur Feier:


Setzt euch doch auf meine Schenkel.

Fasset mich um meine Lenden.

Streichelt mit den süßen Zungen

Mir die weinerlichen Wangen.

Ach, ihr habt so schön geschmückte

Augen und so helle Hände,

Müdeste von meinen Frauen,

Und so lange, laue Beine.

Morgen kauf ich sechs Paar neue

Strümpfe euch aus dünnster Seide

Und dazu ganz kleine schwarze

Sammetschuhchen.

Und am Abend sollt ihr tanzen

Ganz verlogne, weiche Tänze

In den kleinen Sammetschuhchen

Und den neuen seidnen Strümpfen.

In dem Garten. Vor der Sonne.

Dicht am Wasser.

Doch zur Nacht laß ich euch peitschen

Von vier lächelnden Eunuchen.
[24]

Quelle:
Alfred Lichtenstein: Gesammelte Gedichte. Zürich 1962, S. 24-25.
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