[122] Sommernacht. Im Dämmergraun
Wälz ich mich auf meinem Lager.
Sprengt mein Blut den Adernzaun?
Bin ich noch der Weltentsager?
Wie gekreuzigt, Gott erbarm,
Lieg ich kläglich auf dem Rücken:
Komm, o komm in meinen Arm,
Komm, du sollst dich zu mir bücken.
Deinen Namen ruf ich laut –
Nein, nicht länger mehr ertrag ichs.
Auf! ins taubenetzte Kraut,
Und den Rosenhecken klag ichs.
Schicksal, mach mich heut nicht toll,
Führ mich heute seidne Bahnen!
Dein Bajazz, der Zufall, soll
Schwenken seine Kirmesfahnen!
Draußen! Wie der Morgengruß
Mich erfrischt mit seiner Kälte.
Emsig setz ich Fuß vor Fuß,
Als ob eine Flucht es gälte.
[123]
Was? Ein girrend Häherpaar?
Wie sie sich verliebt umkreisen!
Soll mein Steinwurf, ich Barbar,
Ihrem Glück die Wege weisen?
Wie erbärmlich! Laß die Welt,
Wo sie liebt, in ihrem Feuer;
Und vergiß im eignen Zelt,
Ja, wers kann, Cupidos Steuer.
Weiter eil ich, ohne Ruh,
Bis die frühe Stunde scheidet.
Wolken, deckt die Sonne zu,
Daß sie mir die Glut nicht neidet!
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Gute Nacht
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