Weinlese

[59] Winzer, schwerbeladne, schütten

Ihre Trauben aus den Bütten,

Und wir stampfen tüchtig ein;

Auch ein Bienchen, mitgefangen,

Das am süßen Saft gehangen,

Wird mit eingestampft zum Wein.
[59]

Daß kein Beerchen wir vergeuden,

Stirb im Todbett deiner Freuden,

Das Unsterblichkeit dir gibt.

In dem Wein, o Biene, leben

Wird dein emsig Honigweben

Mit dem Tau, den du geliebt.


Werde denn ein goldner Funken,

Wie du selbst wohl freudetrunken

Schwärmtest in dem Sonnenschein,

Auch dein Stachel wird in Herzen,

Geisterblitzen, frohen Scherzen

Auferstehen aus dem Wein.

Quelle:
Hermann von Lingg: Ausgewählte Gedichte, Stuttgart u. Berlin 1905, S. 59-60.
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