Einer Violinspielerin

[102] Heimlich schlägt dein zartes Herz

Durch den Zauber deiner Töne,

Suchend, wie es jeden Schmerz

In des Hörers Brust versöhne.

Alle Lust und alles Ach

Rufst du auch in meiner wach.


An der Menschen Felsenbrust,

In der Nächte bangen Stunden

Weinst du deiner Saiten Lust;

Was ich je als schön empfunden,

Was ich sehnlichst je begehrt,

Alles, alles bist du wert!


Was gepriesen und besungen,

Was geliebt ward und gelobt,

Wofür je ein Lied erklungen,

Wofür je mein Blut getobt,

Jede Huldigung nimm hin,

Zarte kleine Zauberin!

Quelle:
Hermann von Lingg: Ausgewählte Gedichte, Stuttgart u. Berlin 1905, S. 102.
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