Prometheus

[140] Als das Brautnachtlied mit des Nereus Tochter

Peleus sang, unsterbliche Götter schwangen

Auf des dunklen Pelion Höh'n in Waldnacht

Reigen und Chortanz,


Da zur Hochzeit gaben Geschenke Chiron

Und Poseidon; Speere der Bergcentauer,

Aus der Flut zwei schäumende Wellenrosse

Sandte der Meergott.


Ausgesöhnt ja war mit dem Himmel wieder

Nach so langem Kampf der Titanen Trotz, auch

Dir war jetzt gekommen, Prometheus, deiner

Leiden Vollendung,


Nach der tausendjährigen Qual, der Fesslung

An des Felsens Ring und des Geiers Nagen,

Nach dem finstern Hohn der Gewalt, der blindlings

Strafenden Willkür.


Deine Menschen, herrlicher Dulder, sahst du,

Sie, für die du alles gelitten, sahst sie

Frei und glücklich, stolz im Besitz des Feuers,

Deines Geschenkes;
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Sahst sie aufgerichteten Angesichts, kühn

Trotz den Donnern bieten und Trotz dem Meersturm,

Gegen Krankheit, gegen den Tod sich waffnend,

Alles ergründend. –


Wie nun Thetis barg ihr erglühend Antlitz

An des Gatten mächtiger Brust, da flammten

Auf den Höh'n die Feuer, und ringsum jauchzten

Reigen und Chortanz.

Quelle:
Hermann von Lingg: Ausgewählte Gedichte, Stuttgart u. Berlin 1905, S. 140-141.
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