[19] Der Schauplatz stellet vor des Käysers Gemach.
Nero. Otho.
NERO.
So ists! Die Sonn erstarrt für unsers Hauptes Glantz /
Die Welt für unser Macht. Des Ninus Sieges-Krantz
Verwelckt für unserm Ruhm: Cyaxarens Gelücke
Muß für des Käysers Sieg den Krebsgang gehn zurücke /
Und Nerons Blitzen sängt der Grichen Lorbern weg.
Rom schätzt sich selbst zu tief für unsrer Thaten Zweck;
Die Erde sich zu klein zum Schauplatz unsrer Wercke.
Des Numa Heyligkeit / des Römschen Vaters Stärcke /
Der Muth des Julius / Tiberius Verstand
Sind Schatten unsers Thuns und Spielwerck dieser Hand.
Saturnus güldne Zeit ist gegen dieser eysern.
Sieg / Friede / Wolstand hat bey allen andern Käysern
Nie / wie bey uns geblüht. Araxens gröste Stadt1
Hat unser Arm geschleifft. Der Tiridates hat2
Durch Fußfall erst von uns erkauffet Gnad und Güte;
Und Vologesus schickt3 aus Arsaces Geblüte
Uns Geißel seiner Treu. Des Janus Thor steht zu.
Der Käyser siht den Preiß / die Stadt den Nutz der Ruh.
Die Schoß des Jupiters4 ligt voller Lorber-Zweige:
Man zehlt kaum / wie viel Rom uns Sieges-Bogen zeige /
Der neue Schauplatz gibt dem Volck Erlustigung /
Das Außtheiln reichen Gelds5 / der Zölle Minderung
Den Bürgern Lufft / uns Gunst. Wir haben viel verwehret /
Mit was der große Rath uns zu beehrn begehret;[19]
Doch mein Gedächtnüs wird darumb nicht abgethan /
Fängt mein Geburthstag6 gleich des Jahres Lauff nicht an /
Und Nerons Bild wird stehn im Tempel treuer Seelen /
Darff man mir es gleich nicht mit güldnem Ertzt außhölen.
OTHO.
Wahr ist es: Daß die Welt die Seegel für dir streicht /
Der wilde Parth ist zahm / der kühne Mede weicht /
Weil dir das Kriegsfeld Palm / und ihm Zipreßen träget:
Rom hat den Harnisch ab / ein Lust-Kleid angeleget /
Die Länder sind von Oel mehr / als von Blutte fett.
Wie / wenn die Morgen-Röth aus Amphitritens Bett
An blauen Himmel steigt / die düstren Dünste schwinden /
So scheint die Tugend7 auch ietzt neuen Stand zu finden
Die Laster flucht und flieht. Und wie kans anders seyn?
Wie soll nicht Glücke blühn? Und Wolfarth lauffen ein /
Wo sich ein weiser Fürst zum Steuer-Ruder setzet /
Wo treuer Sorgen Schweiß die dürre Pflantze netzet
Des allgemeinen Heils? Wie soll der Welt-Kreiß nicht
Mit Treu und Demuth ehrn die Sonne / die ihr Licht
Uns schencket / nicht verkaufft? Für Bäumen sich zu neigen /
Da uns die Zweige Frucht / die Blätter Schatten zeugen /
Ist allgemeine Pflicht. Allein ich zweiffle fast:
Daß / da des Regiments fast Centner-schwere Last
Gleich soll so sanffte seyn / bey dem so großen Glücke /
Dem Käyser nichts entgeh / was nicht mit süßem Blicke
Manch Bürger schauen kan. Daß der Lucröner Flutt
Die Austern8 auff den Tisch / der Schnecke sparsam Blutt /
Zum Purpur-färben schickt: Daß Phænicopter Zungen9 /
Daß Papegäyen / die erst als ein Mensch gesungen10 /
Daß kostbahres Gehirn aus Pfauen und Phasan11 /
Daß der Lampreten Milch12 nebst Scarus Lebern13 man
Auffs Käysers Taffel zinst; Daß man in Berg-Kristallen14
Wenn gleich der Hunds-stern schmältzt / gefrornen Schnee läst fallen /
Daß fern-gepreßten Wein mit Eise man erfrischt /
Und in den reiffen Herbst des Frülings Rosen mischt;
Daß Porcellan15 / Rubin / des Käysers Tranck muß faßen /
Wenn frembder Perlen Schnee in Eßig wird zerlaßen;16
Daß endlich ihm ein Fürst aus Balsam macht ein Bad /[20]
Ist wenig sonderlichs. Ein Knecht des Käysers hat
Diß alles nachgethan. Daß er mit minder Wagen17
Als Tausenden nicht fährt / und seinen Zug beschlagen
Mit dichtem Silber läßt; Daß er kein Kleid zweymahl /
Wie kostbahr es ist / trägt; ist ein geringer Strahl
Der Käyserlichen Lust. Das güldne Hauß / die Seen /
Die Zimmer / welche stets so / wie die Welt umbgehen /
Die Deck / aus der allzeit wolrichend Ambra rinnt /
Der Seulen Helffenbein / die güldnen Netze sind
Zum Ansehn / schlecht zur Lust / ja nur ein todtes Wesen.
Der Zucker dieser Welt / durch welchen wir genesen /
Ist Schönheit / Liebes-Reitz. Es tauschte Mulciber /
Wie arm er ist / umbs Reich nicht mit dem Jupiter.
Sein schwartzes Hauß / da er kan bey der Venus liegen
Gibt mehr / als Jupitern die Sternenburg / Vergnügen.
Zu dem so steh ich an; Ob ihm der Käyser auch
Durch manchen Gnadenstrahl nicht mehr Verachtungs-Rauch
Als Liebes-flamm erweckt in den verwehnten Sinnen /
Die aus dem Feuer Eiß / aus Hold-sein Haß gewinnen.
NERO.
Wo zielt die Red hinaus? Wo scheutert unser Kahn
Der Gnaden? Und wer geht der Wollust-Libgen Bahn
Vergnügter / als der Fürst?
OTHO.
Der den Poppee liebet /
Wenn dir Octavie / mein Fürst / nur Eckel giebet:
Der / den die Schönheit selbst in edle Armen schränckt:
Wenn gifftge Schälsucht dich mit kalter Unlust kränckt.
Großmächtger Herr und Fürst / vergib der freyen Zungen /
Die Warheit hat mir diß Bekäntnüs abgezwungen.
Rom und der Käyser kennt die Gaben aller zwey:
Zwar / daß Octavie des Käysers Tochter sey
Ist etwas / aber nichts / das Lieb und Brunst vergnüget /
Die lieber offt auff Stroh als weichem Purpur lieget.
Wie wol Poppeens Stamm18 auch Bürger-Meister zehlt:
Und Sieges-Kräntze trägt. Der Käyserin zwar fehlt
Die Schönheit auch nicht gar; Doch ist sie nur ein Schatten
Für dieser / die sie Rom nicht darff zu sehn gestatten /19
Da nicht die Tiber soll voll lichter Flammen stehn.[21]
Und wie sol nicht solch Schmuck Sabinens Ruhm erhöhn:
Da ihre Mutter auch die Schönste20 war der Frauen /
Denn Adler bringen ja nur Adler / Pfaue Pfauen.
Zu dem / was ist die Pracht der Glieder / die die Glutt
Durch Lieb-reitz nicht beseelt? Es trägt die kalte Flutt
Corallen / die so schön als trockne Lippen brennen /
Die nie kein Kuß bethaut. Die Brust ist Schnee zu nennen /
Wo auff der See-voll Milch kein sanffter Liebes-Wind
Umb die zwey Felsen spielt. Die stillen Augen sind
Nur Fackeln ohne Licht / und Bogen ohne Pfeile.
Die Tulipane sticht mit Farben wol zuweile
Den Glantz der Rose weg: Doch wer zeicht die nicht für /
Die so viel Anmuth giebt durch den Geruch von ihr?
Der Seelen-Liebreitz ist der Schönheit Geist und Leben /
Der Liebe Saltz und Oel. Soll dieses Anmuth geben?
Wenn sich Octavie bey blühender Gestalt /
Wenn er sie küsset / todt / für seinen Flammen kalt /
Bey seinen Seufftzern taub / bey seiner Gunst vergället
Ja steinerner als Stein Pigmalions21 anstellet?
Wenn sie / nun ietzt der Fürst (den Rom und Grichenland22
Als einen Orfeus hört) die Harfen in der Hand
Die Lorbern auff dem Haupt in Phœbus Tempel bringet
Umb den Britannicus23 bey Agrippinen singet
Ein stachlicht Grabelied? Hingegen wie beglückt
Wird Otho vom Panket des Käysers heim geschickt!
Die Tiber leitet ihn in Hafen der Begierden /
Poppee schleußt mir auff den Garten aller Zierden /
Das Paradies der Lust / wo ihrer Wangen Licht
Den Frühling mit Geblüm / ihr blitzend Angesicht
Den Sommer / ihre Brust den Herbst mit Aepffeln zeuget.
Ja / wenn in Mitternacht nicht einig Stern auffsteiget /
Ist ihr liebkosend Mund mir eine Morgenröth /
Nach der in Augen mir die Doppel-Sonn auffgeht.
Die Venus hat kein mahl so den Adon empfangen /
Wie Sie / der Edlen Blum24 und jedermans Verlangen[22]
Die Lust der Seeligen / mich bewillkommen kan.
Der Nelcken-Mund grüßt mich mit freyem Lächeln an /
Die Armen schliessen Sie und meinen Geist zusammen.
Ihr spielend Augen-Blitz entzündet Brand und Flammen;
Aus ihrer Brust kwilt mir solch kräfftig Himmel-brod /
Solch eine Nectar-See: Daß ich der Donner-Gott
Mich achtete zu seyn / wenn diesen Safft der Rebe
Ein Ganimedes mir / nicht eine Venus gäbe.
So schifft mein Liebes-Schiff / und fährt in Hafen an /
Biß die Begiehrde nicht mehr weiter rudern kan.
NERO.
Ach! Leider! ja du mahlst mit ungefälschten Farben
Die Wonne deiner Seel und unsers Hertzens Narben /
Den Zucker deiner Lust / die Wermuth unsrer Pein!
Des Käysers Auge muß der Warheit Zeuge seyn.
Wir haben / wenn Poppe' je ist auffs Schloß erschienen
Verwundernd angeschaut / die feuchten Mund-Rubinen /
Verwundet durchs Geschoß der Anmuth uns gefühlt /
Wenns Auge mit dem Blick / die Brust mit Athem spielt.
Wolan! empfang das Glaß auff Wolergehn der Frauen /
Die heute dich umbarmt und morgen Uns soll schauen.
OTHO.
Sie ist des Fürsten Magd.
NERO.
Der Fürst dein und ihr Freund.
Wo ist ein Venus-Stern der aber itzt uns scheint?
Nun! Nero mag sich nicht mehr mit der Gramen kwälen /
Wil Weibern / die zeither geherscht / itzt selbft befehlen.
Nero. Paris. Otho. Burrhus. Seneca.
Ein Hauptmann.
NERO.
Wie Paris so erblaßt?25 Woher bey später Nacht?
PARIS.
Die Noth hat mich ins Schloß / die Treu ins Zimmer bracht.
NERO.
Wie bebstu? Was für Angst hält dein Gemüth umbgeben?
PARIS.
Nicht mir / dem Nero gehts umbs Käyserthumb / umbs Leben.
NERO.
Uns umb das Käyserthum / umbs Leben? Was für Feind
Dreut unser Zederfall?
PARIS.
Ich zittere den Freund
Zu nennen.
NERO.
Wen? Den Freund?
PARIS.
Der es am meisten schiene[23]
Zu seyn.
NERO.
Eröffn es bald / wer ist es?
PARIS.
Agrippine.
NERO.
Die nach dem Reich uns steht?
PARIS.
Auch nach dem Leben strebt.
NERO.
Schlag Donner! Wo in Rom solch eine Wölffin lebt.
Welch Drache frist sein Kind? Welch Wurm erbeißt die Jungen?
Wenn hat ein Panther-Thier je seine Frucht verschlungen?
Entmenschtes Mutterhertz! Vergiffte Raserey!
Die Porcellane springt von schlechtem Gifft entzwey:
Und ihre Mutter-brust umbfängt nicht nur / sie hecket
Solch Gifft; Das auch der Schlang- und Nattern bitter schmecket.
Wer hilfft? Wer rettet uns? Berufft den Seneca /
Verstärckt die Leib-Wach!
OTHO.
Ist die Noth so groß / so nah?
PARIS.
Man kan nicht klug genung Flamm und Verräther hütten.
NERO.
Erzehl es / was sie wil auff Uns für Grimm außschütten.
PARIS.
Sie / die voll Ehrsucht brennt / nach Kinder-Blutte dürst /
Auf strenge Rache sinnt: Daß Nero selber Fürst
Und nicht ihr Knecht mehr ist; Daß sie nicht Parth und Persen
Soll Fürsten stellen für / und über Käyser herrschen;
Daß hinter der Tapet26 sie ietzt nicht Rath mit hält /
Daß kein Caractacus27 ihr nicht zu Fuße fällt /
Daß sie Armeniens Gesandschafft nicht darff ehren;28
Wil / was ein rasend Weib für Schelmstück könne / lehren /
Hat den Rubellius29 Verräthrisch auffgehetzt:
Daß er sich des August so nahen Enckel schätzt
Zum Käyser würdiger als Nero / der sich hätte
Durch Gifft in Thron gespielt. In Agrippinens Bette
Stieg er mit reinerm Recht / als dem Silanus Braut30
Und die er Schwester hieß / Eydbrüchig ward vertraut.
Diß sprenget Plautus aus.
NERO.
Er darff sich diß erkühnen?
Ist Schwerdt / ist Feuer dar / für ihn und Agrippinen?
PARIS.
Sie / die ihm Thron und Eh / und dir den Todt geschworn /
Hat bey fast offner That die Reu und Furcht verlohrn /
Gibt vor; EinTheil der Schaar die umb den Käyser wache
Sey ihr zu Dienst erkaufft / der Rath rühm ihre Sache.
NERO.
Ists gläublich: Daß sie diß wag auff ihr eigen Hauß?
PARIS.
Calvisius beschwerts /31 Iturius sagts aus /[24]
Die sie sich hat bemüht in Meyneid einzuflechten.
OTHO.
Man preßt die Warheit leicht durch Marter aus den Knechten /32
Die / wann die Mayestät verletzt ist / man mit Fug
Dem Kläger eignet zu.
PARIS.
Ein offenbar Betrug
Darf strenger Fragen nicht. Silane sagts in Gütten /33
Die / seit der Fürst die Macht der Mutter was verschnitten /
Sie als ihr eigen Hertz allzeit zu Rathe nahm /
Wordurch sie hinter diß und alles andre kam
Was sie im Schilde führt. Silan' hat selbst gelesen
Des Plautus Heyraths-Schluß.
NERO.
Wir sind zu gutt gewesen /
Ja / leider! gar zu blind: Daß man Sie nur verstieß /
Als sie ihr falsches Hertz schon von sich blicken ließ.
PARIS.
Ein Wurm wird nur erhitzt / den man nur neckt / nicht tödtet.
Nichts / als das Rach-Schwerdt nur / das Blut und Flamme röthet
Tilgt der Regiersucht Brand.
NERO.
Ja / unsre grimme Gnad
Ist Hencker unsrer Seel / und ärgste Missethat /
Die wir durch unsern Fall itzt allzu theuer büßen.
OTHO.
Der Fürst wird ein schwach Weib ja noch zu dämpfen wissen.
NERO.
Der Rath und Läger mehr als uns ist zugethan?
Wir leider! sind nur hin.
SENECA.
Was ficht den Käyser an?
NERO.
Die Mutter hat sich selbst auff unsern Hals verschworen.
SENECA.
Die Mutter? ich erstarr! auff den / den sie gebohren?
OTHO.
Sie ist des Plautus Braut / Rom ist ihr Heyrath-Gutt.
SENECA.
Mir kommts unglaublich vor. Der Käyser muß den Muth
Nicht furchtsam lassen falln. Sind die geharnschten Scharen
Nicht mächtig Rom und ihn für Meineyd zu bewahren?
PARIS.
Rom und der Käyser fällt / da man die Schlange nicht /
Eh sie erwacht / erdrückt. Man stech eh / als sie sticht.
NERO.
Daß Agrippine sterb? und Plautus untergehe.
Ists aber gutt: Daß man des Wercks sich unterstehe /
Nun Burrhus Hauptmann ist /34 dem sie die Würde gab?35
Nein / sicher! fordert Schwerdt und Gürtel von ihm ab /36
Die wir nebst Würd und Ampt Cæcinen wolln ertheilen.
SENECA.
Der Käyser wird hierdurch sich schädlich übereilen.
Die Mutter unverhört / den Bluttsfreund aus Verdacht[25]
Zu tödten / ist ein Werck zusehr mißbrauchter Macht.
Den Burrhus ohne Schuld so schimpfflich abzusetzen
Scheint noch gefährlicher. Offt / was wir einen schätzen /
Wird er / ist ers gleich nicht. Ich selbst wil Bürge seyn /
Daß Burrhus Treu ihm nicht brenn ein solch Brandmahl ein.
Ist Plautus überzeugt? Die Mutter überführet?
Man prüf / eh als man schleust / wo Zeug und Klag herrühret.
PARIS.
Calvisius / Itur / Silane sagens aus.
SENECA.
Die alle drey sind Feind auff Agrippinens Hauß.
Wer Frembd' und Kläger hört / gönnt auch der Mutter Ohren.
NERO.
Durch langes Hören wird offt Hülff und Heil verlohren.
SENECA.
Man dring / eh als ein Mensch erwacht / ins Zimmer ein.
NERO.
Wo wir des Burrhus Treu37 nur vor versichert seyn.
SENECA.
Wol! Hauptmann Burrhus soll schnur stracks den Käyser schauen.
NERO.
Wem ist / wenn die Natur selbst falsch wird / mehr zu trauen?
OTHO.
Die Flamme frist kein Hertz das scharffes Gifft befleckt /
Die Gunst-Glutt der Natur ist / wo die Ader steckt
Des Ehrsucht-Giffts eyß-kalt. Man brückt auff todten Knochen
Der Eltern / die die Faust der Kinder hat erstochen:
Den Irrweg auff den Thron; Der eignen Kinder Blutt
Wenn man auff Zepter zielt / schätzt man für Epp und Flutt.
Zwar man enthärtet Stahl / man kan die Tiger zähmen
Auff wilde Stämme Frucht / auff Klippen Weitze sämen /
Die Gifft in Artzney kehrn / das aber geht nicht an:
Daß man der Ehrsucht Gifft vom Hertzen sondern kan
Wo sie gewurtzelt ist. Sie wird unendlich wütten
Biß mit den Adern ihr die Wurtzel wird verschnitten.
BURRHUS.
Was heischt die Majestät / das zu vollbringen sey?
NERO.
Lebt Burrhus unverrückt Uns mit dem Läger treu?
BURRHUS.
Ich und das Läger wacht fürs Käysers Heil und Leben.
NERO.
Hat Agrippinen auch Niemand sein Wort gegeben?
BURRH.
Der Fürst ist unser Herr. Was schafft uns Agrippin?
NERO.
Weiß Niemand / was sie sucht für Meyneyd zu vollziehn?
BURRHUS.
Ein schweigend Wissen würd uns selbst in Meyneyd stürtzen.
NERO.
Sie trachtet Reich und Geist dem Sohne zu verkürtzen;
Der / weil sie sich zur Schlang aus einer Mutter macht /[26]
Auch nicht mehr Sohn darff seyn. Wer sich nun aus Verdacht
Der Mit-Verräther wünscht / und uns wil Freund verbleiben /
Der sol nebst uns den Dolch ihr durch die Brüste treiben.
BURRHUS.
Der Käyser zäume sich. Ein lauer Geist bereut
Was Zorn und Hitze schloß. Was Er der Mutter dreut /
Kan / mit geringerm Haß / ein frembder Arm vollstrecken:
Auch schuldig Mutter-Blutt spritzt auff die Kinder Flecken.
Dafern sie schuldig ist / wil ich der erste seyn /
Der in ihr schwartzes Hertz den blancken Stahl stößt ein.
NERO.
Ich lobe deinen Schluß / mehr aber dein Vollbringen.
Nebst dir sol Seneca stracks in ihr Zimmer dringen /
Durchforschen / was verkerbt. Zeugt sich die Missethat /
So schafft durch diesen Dolch euch Ruhm / uns Ruh und Rath.
Der Schauplatz verändert sich in der Agrippinen Schlaffgemach.
Agrippina. Octavia.
AGRIPPINA.
Mein Kind Octavie kommt heut uns zu begrüssen?
Uns? Die wir gleichsam hier im Kercker leben müssen.
Und kömmt der Käyserin noch mein Gedächtnüs ein;
Da wir bey aller Welt mehr als vergessen seyn?
Kein Freund betritt die Schwell / und Niemand klopfft die Thüren;
Da unlängst ihren Staub und Schatten zu berühren
Rom höchstes Glücke pries. Itzt fleucht man unser Hauß
Gleich / als wenn für der Pest ein Zeichen hieng' heraus.
So spielt Gelück und Zeit / die steter Wechsel treibet.
Wo ein gestrandet Mast / der Sandbanck Zeugnüs bleibet /
Wil Niemand segeln an. Und sie / mein Kind / kommt hin /
Wo ich Gefällte selbst des Schiffbruchs Merckmal bin.
OCTAVIA.
Frau Mutter / ja ich komm / ob man gleich Schälsucht fasset
Auff den / der nicht verfolgt die / die der Käyser hasset;
Und ob man reine Gunst itzt gleich zu Lastern macht.
Ein unbesegelt Schiff nimmt keine Schnur in acht /
Es laufft / wie hier der Wind und dort der Strom es jaget.[27]
Die iedes Wetter trifft / und alles Unglück plaget /
Schätzt Strudel / Klipp / und Schlund für ein nicht fremdes Meer /
Und Schiffbruch für den Port. Zwar treibt mich auch hieher
In dieses Einsam-seyn mein eigenes Vergnügen.
AGRIPPINA.
Verlangt mein liebstes Kind Vergnügung hier zu kriegen /
Wo tausendfach Verdruß das Leben uns vergällt /
Wo Angst den Sammel-Platz und Noth die Renn-Bahn hält?
OCTAVIA.
Frau Mutter / zwar es läßt sich leicht vernünfftig schliessen /
Wie Unmuth / Schmertz und Zorn ihr Hertze beissen müssen:
Daß eines Käysers Kind / Braut / Schwester / Mutter / Frau /38
Dem Falle sich vermählt / enterbt vom Purper schau.
Daß / die die Welt verehrt / der Rom ließ Weyrauch brennen /
Nach welcher Nahmen man ließ Städt und Ufer nennen /39
Daß / die der Deutschen Treu40 hat als ihr Haupt bewacht /
Ja die den Käyser selbst zum Käyser hat gemacht /
Der Tiranney ein Spiel / dem Neid ein Ziel abgebe /
In dem Volck-reichen Rom / wie in der Wüsten lebe /
In eines Bürgers Haus /41 verstossen vom Palast /
Von Wach und Dienern frey / verschmäht / entweyht / verhaßt /
Die Zeit und Leid verkürtz. Ach aber / diese Schmertzen
Sind gegen unser Angst / Spiel / Kurtzweil / Kitzel / Schertzen.
Man heilt den scharffen Schmertz durch stilles Einsam-seyn /
Diß schätzt ich meine Lust und Salbe meiner Pein;
Ich / die man ja darumb noch kan zu Hofe leiden /
Daß neue Martern mir stets frische Wunden schneiden /
Die ärger als derTodt. Des Brudern Gifft-Glaß faßt
Das Thränen-Saltz nicht mehr. Daß uns der Käyser haßt
Mit schälem Aug ansiht / mit Füssen von sich stösset;
Geht hin; Daß aber er offt frembden Speichel flößet
Auff unsern reinen Mund / wenn ander' ihn geküßt;
Daß er mit Knaben-Lust42 den Eckel ihm versüßt /
Den unsre Keuschheit schafft / mit Männern sich vermählet
Und ein entmanntes Kind zu seiner Braut erwählet /
Daß er ihm Mägde legt43 in unser Bette bey /
Frist einer Frauens Hertz / beist Marck und Bein entzwey.
AGRIPPINA.
Mein Kind / ja wenn diß Hauß uns könt ans Ufer leiten /
Wenn uns des Hofes Meer / der Häuchler Sturm bestreiten /[28]
Ja könte dieses Dach ein Lorber-Schatten seyn /
Wenn Nerons Blitz und Grimm uns Asch und Hinfall dreun:
So möchtestu und ich hier ja Vergnügung finden.
Ach! aber / Glutt muß wol / wo Zunder weg kommt / schwinden /
Doch Fürsten-Eyfer brennt / man sondre gleich / was nehrt.
Ein Luchs siht durch ein Brett / ein zornig Auge fährt
Durch Mauer / Stein und Stahl. Wo Furcht und Ehrsucht blitzen /
Kan uns kein Unschulds-Schild / kein Abseins-Mantel schützen.
Was haben wir verkerbt / seit wir von Hofe sind?
Doch leider / wissen wir: Daß man uns Stricke spinnt;
Verläumbder auff uns hetzt / und Mord-Verräther stifftet.
Man hat zum dritten mahl die Reben uns vergifftet;44
In falschen Zimmern uns mit Fallen aufgestellt;
Bey Stadt / und Pöfel uns durch falschen Ruff vergällt:
Der Blut-Durst Nerons wird auch / glaub es / nicht geleschet /
Biß er die Mörder-Faust mit Mutter-Blutte wäschet.
Burrhus. Agrippina. Seneca. Octavia.
Etliche Freygelassene / und ein Theil der Käyserlichen Leibwache.
BURRHUS.
Was für Verrätherey hat Agrippine für?
AGRIPPINA.
Hilff Himmel! Wie? Warumb erbricht man unsre Thür?
BURRHUS.
Sie sag es / was sie hat auffs Käysers Halß gesponnen?
AGRIPPINA.
Wer? Wir? Von der mein Sohn den Purper hat gewonnen?
BURRHUS.
Sie macht umbsonst so frembd ihr ihre Missethat.
AGRIPPINA.
Sols der nicht frembde seyn / die nichts verbrochen hat?
BURRHUS.
Wir haben Macht mit Schärff ihr auff den Halß zu gehen.
AGRIPPINA.
Kommt! foltert! Agrippin hat nichts nicht zu gestehen.
BURRHUS.
Durch frey Bekäntnüs wird gemindert Straff und Schuld.
AGRIPPINA.
Die Unschuld leidet Gifft / Stahl / Flammen mit Geduld.
BURRHUS.
Die Unschuld? Die auff Sohn und Fürsten sich verbindet?
AGRIPPINA.
Daß Nero wider uns kein ebner Fallbrett findet!
BURRHUS.
Durch Hochmuth sanck sie ab / durch Meyneyd fällt sie gar.
AGRIPPINA.
Verdroß euch: Daß ich nicht den Knechten dienstbar war?
BURRHUS.
Dem Käyser / Rom und uns: Daß sie uns Sklaven schätzte.[29]
AGRIPPINA.
Als ich dich in dein Ampt / den Sohn zum Zepter sätzte?
BURRHUS.
Wer sätzt / muß / den er sätzt auch ehrn mit Treu und Pflicht.
AGRIPPINA.
Ich machte mich zur Magd / und ihn zum Götzen nicht.
BURRHUS.
Der Zunge Brand entdeckt / was die Begierden kochen!
AGRIPPINA.
Wer / was umbs Hertz ist / sagt / hat niemals Treu gebrochen.
BURRHUS.
So sag sie / was ihr Hertz Verräthrisches verdeckt.
AGRIPPINA.
Sagt Kläger / was es sey / mit wem wir uns befleckt.
BURRHUS.
Hat sie dem Plautus nicht verlobet Eh und Krone?
AGRIPPINA.
Ihr Götter! Wird kein Blitz Verläumbdern nicht zu Lohne!
Dem Plautus? Wir? Den Thron? Die Eh? Brich Abgrund brich!
Brich! schlinge diesen Dampff der Lügen ein in dich!
Welch Mörder hat erdacht? Welch Teuffel kont ersinnen /
Uns ein solch Lebens-Netz / diß Ehren-Garn zu spinnen?
Sagt / denn wir wolln durchaus es wissen / wer es sey?
Der diß Verleumbdungs-Gifft dem Käyser brachte bey.
SENECA.
Silane / die den Schluß der Heyrath selbst gelesen.
AGRIPPINA.
Silan ist dieses Bruts Gebährerin gewesen?
Hilff Himmel! ich erstarrl Alleine sagt uns an:
Ob ein unfruchtbar Weib45 vernünfftig urtheiln kan
Von Müttern? meint der Wurm: Daß ein recht Mutter-Hertze /
Wie ein unkeuscher Balg mit ihren Buhlern schertze?
Silane wechselt ja durch Ehbruch Hertz und Gunst
So offt ihr Hurenbett erkaltet von der Brunst /
Und auff was neues sinnt: In meinen Mutter-Brüsten
Läst mich kein Kalt-seyn nicht nach frembder Glutt gelüsten.
SENECA.
Calvisius / Itur bezeugens neben ihr.
AGRIPPINA.
Ists glaublich: Daß diß Paar solch Schelmstück nehme für?
Jedoch / was wunderts uns? Daß dieses Paar zu Liebe46
Der alten Bestien durch Meyneyd uns betrübe:
Diß ist ihr einig Danck für diß: Daß sie den Werth
Der Gütter / neben ihr höchstliederlich verzehrt.
Nun urtheilt / ob uns diß kan Kinder-Mord anbrennen /
Und unsers Sohnes Hertz von seiner Mutter trennen.
BURRHUS.
Die Schutz-red ist bißher was scheinbar zwar gestellt /
Doch / wo ihr Schild den Stich / ihr Schein nicht Farbe hält /
Beruht des Endspruchs Krafft auff dieser Faust und Degen.[30]
AGRIPPINA.
Die Redligkeit läßt sich durch Dreuen nicht bewegen.
Ich lache: Daß man mir nach Ruhm und Leben strebt
Mit Stricken / die vielleicht die Spinne fester webt.
SENECA.
Sie hat nicht Lachens Zeit. Ihr Leugnen wird sie schlagen /
Wenn ihr Domitie wird unter Augen sagen /
Wenn Atimetus47 wird eröffnen ihren Rath /
Den ihr vergällter Geist auff Rom beschlossen hat.
AGRIPPINA.
Die Warheit führt uns auch aus dieses Irrgangs Schrancken.
Ich wil Domitien für ihre Feindschafft dancken:
Da sie an Redligkeit uns abgewinnen wil.
Wir wolln verdammet seyn / da sie nur halb so viel
Dem Käyser gönnt als wir: Wir wolln das Mord-beil küssen /
Da wir durch unsern Todt den Sohn vergrössert wissen.
Ach! aber / er sihts nicht / und unsre Seele kränckt:
Daß sie durch unsern Fall auch ihn zu stürtzen dänckt.
BURRHUS.
Sie stürtzte ja sich selbst durch eigenes Geblütte.
AGRIPPINA.
Die Schälsucht gegen uns48 verbittert ihr Gemütte.
Glaubt sicher: Daß der Safft der Liebe leicht verseigt /
Wo das Geblütte schon in Seiten-Stämme steigt.
Hingegen / ach! Wie kan der Wurtzel Krafft entgehen /
Wenn die geraden Zweig in frischer Blüthe stehen?
Es richte / wer versteht / was Mutter-Liebe kan /
Ja den der süße Ruff des Vaters nur geht an /
Ob sich nicht Hitz und Glutt bequemer scheiden lassen;
Als eine Mutter sol ihr Eingeweide hassen
Und auff ihr einigs Kind mit Meyneyd schwanger gehn.
SENECA.
Der rechte Stamm verdorrt wo frembde Räuber stehn.
So muß die Mutter-Hold auch eignen Kindern fehlen /
Die Ehrsucht an sich zeucht und neue Buhler stehlen.
AGRIPPINA.
Nun die Natur uns nicht zu schützen Kräffte hat;
So überlegt mein Werck und urtheilt diser That /
Die itzt an Treue dänckt / die Mutter abzustechen.
Gar recht! mit solcher Art muß man den Grund abbrechen
Der Hauß und Pfeiler stützt: Man reißt die Wurtzeln loß /
Wenn ein verhaßter Baum nicht wachsen sol zu groß.
Diß ist das Trauerspiel / das schon mit mir beginnet /[31]
Auff das Domitie nebst Atimeten sinnet /
Wenn er ihr Geil-seyn lescht. Sie bracht in süsser Ruh
Die stille Nacht / den Tag in warmen Bädern zu /
Ging ihrer Wollust nach / in Bajens Lust-Gebäuen;
Stellt auff Lampreten auff in Cumens Fischereyen;
Als uns des Nachts kein Schlaff / den Tag kein Durst ankam;
Biß Claudius mein Kind auch selbst zum Sohn annahm;
Als uns kein Purpur nicht des Käyserthumbs anlachte /
Biß man zum Land-Vogt ihn / zum Bürgermeister machte;
Ja! Als uns Würd und Thron nichts als Verdruß gebahr /
Biß Nero Herr der Welt / selbst Fürst / selbst Käyser war.
BURRHUS.
Der letzten Unthat Rauch dämpfft erste Wolthats-Flammen.
AGRIPPINA.
Die einmal lichte Glutt zeucht keinen Rauch zusammen /
Was hetten wir für Frucht / so bald zerstört zu schaun /
Was so viel Zeit und Schweis kaum mächtig war zu baun?
Zu dem / was wißt ihr denn für Meyneyds-Mitgesellen?
Weil zwey paar Armen wol gantz Rom nicht werden fällen /
Sagt / hat man Rath und Stadt auff unser Seite bracht?
Hat man das Heer erkaufft das umb den Käyser wacht?
Erweiset; Wenn man ließ verdächtig Gifft abkochen /
Ob wegen Meuchelmords wo sey ein Knecht bestochen?
Ob man der Länder Treu zu Auffruhr hat verhetzt?
Wo diß erweißlich ist: so werd ich nicht geschätzt
Als Mutter / nicht als Mensch: so braucht Glutt / Creutze / Klingen /
So laßt durchs Adern-quäll uns glüend Eisen dringen.
BURRHUS.
Ihr Vorsatz kam vielleicht zu zeitlich an das Licht.
AGRIPPINA.
Der Rauch entdeckt die Glut; Die Boßheit bergt sich nicht.
Ja wenn Britannicus mein ander Sohn noch lebte /
Dem man zur Krone Gold / zum Purpur Seide webte /
So könte meiner That sein Erb-recht noch mein Schein;
Sein Zepter noch mein Schild; Sein Reich mein Leben seyn:
Wenn aber Plautus solt an Römschen Gipffel steigen
Und sich Augustus Stamm für frembden Häuptern neigen;
Wormit würd Agrippin ihr Heil verbessert sehn?
Denn / dörffte nicht der Neid aus Worten Polßken drehn /
Aus Worten / die man itzt zu Donnerkeilen machet /[32]
Die doch nur Ungedult und Libe veruhrsachet:
Wir würden ohne Schild für tausend Klägern stehn /
Die uns durch leichten Weg ans Hertze würden gehn /
Auff unsern Hals verführn solch schreckliches Verbrechen /
Darvon uns kan kein Mensch / als nur der Sohn loß sprechen.
BURRHUS.
Was urtheilt Seneca? ich finde nichts an Ihr
Verdachts und straffens werth.
SENECA.
Ich halt es auch mit dir.
AGRIPPINA.
Wie steht / und schweigt ihr nun? Sagt: Was wir mißgehandelt?
Hat euch mein Unschuld-schild itzt gar in Stein verwandelt?
Seht nicht für Schlangen-Blitz die Tauben-Augen an
Der Mutter / die beseeln / nicht aber tödten kan.
Sagt: mit was Vorwand ihr nun meinen Sohn verhetzet:
Daß er itzt als ein Löw an uns die Klauen sätzet?
SENECA.
Hält sie die Farbe nur / bricht Nero Lib und Blutt
Noch weniger / als Sie.
AGRIPPINA.
Der kräfftgen Wässer Fluth
Verliehret außerm Kwäll und Brunnen Krafft und Stärcke.
Ein sich absondernd Sohn übt oft nicht Kindes-Wercke.
Ein Brunn ein Mutter-Hertz wird aber nicht vergällt /
Wenn gleich die süße Bach in saltzicht Wasser fällt /
Ein Kind die sanffte Gunst in heissen Grimm verkehret.
BURRHUS.
Die wahre Tugend wird durch den Bestand bewehret.
Wir wollen / was sie itzt vorschützend wendet ein /
Dem Käyser tragen für; Er selbst mag Richter seyn.
AGRIPPINA.
Wir wolln; Daß Nero selbst mög unser Antwort hören /
Den unsre Unschuld wird die Ertzt-Verläumbdung lehren /
Und seiner Rache Glutt ziehn auf die Mörder-schaar
Die Uns.
SENECA.
Gleich recht; sie red. Itzt ist der Käyser dar.
Agrippina. Nero. Burrhus. Seneca.
Die Freygelassenen. Die Trabanten.
AGRIPPINA.
So sucht man deinem Ruhm ein Brandmahl anzubrennen?
Durch unsern Todt? mein Fürst. Denn / dich mein Kind zu nennen /
Verdächtigte mein Recht. Weil man bey Lastern Gnad
Aus holden Titeln sucht. So spielt der Zeiten Rad!
Ich / die ich Mutter bin / muß diesen Nahmen fliehen /
Vermummten Schlangen nur die Larven abzuziehen /[33]
Die mehr als Mutter wolln bei dir gesehen seyn /
Wenn sie solch ein Gesicht mir Mutter drucken ein /
Das Drach und Wolff nicht hat; Wenn sie wolln unsrem Hertzen
Den Meyneyd tichten an / ja Uns mit Laster schwärtzen
Für den den Unthiern graust. Ich heisse dich nicht Kind /
Weil schärfste Richter auch der Unschuld linde sind.
Halt mich für Mutter nicht; Weil ich in dieser Sache
Mir kiese strenges Recht. Des Käysers Donnern krache
Mit Schwefel ernsten Grimms und schütte Straffen aus
Auf die verdammte Schaar / die Agrippinens Hauß /
Den Himmel deines Throns / sich zu bestürmen wagen;
Und auf der Lügen Grund Verläumbdungs-Berge tragen
Zu stürtzen dich durch mich. Ich heische Rach auff sie /
Ich / die ich mich umb Schutz der Unschuld nicht bemüh;
Ich / die der Nahme nur der Mutter frey kan sprechen.
Die minste meiner That kan ihr Geschoos zerbrechen /
Das Falschheit auf mich schärfft. Es straffe Rach und Schwerdt;
Es tilge Blitz und Glutt. Der Boßheit wird verwehrt:
Daß nicht die Schlang ihr Gifft in neue Köpff außsprenget
Wenn / was die Räch abhaut / der Klugheit Glutt versänget.
Es fahre Straff und Blitz auf die / die deinen Ruhm
Mehr tödten / als mein Heil. Kan sich der Tugend Blum
Und deines Herschens Preiß so schändlich bilden lassen?
Daß auch die Mutter müß ihr eignes Abbild hassen?
Diß heist die Majestät an dir zu hoch verletzt.
Diß heischet Flamm und Pfal. Mein Schimpff bleib ungeschätzt /
Darmit diß Läster-Volck schwärtzt meiner Unschuld Lilgen.
Weil doch ihr eytricht Blutt nicht kan die Flecken tilgen
Darmit es uns verstellt: Jedoch / was ficht uns an?
Weil ja Verläumbdung nicht die Tugend schimpffen kan.
Wer unsre Mutter-Milch der Liebe wil vergällen
Der weise: Daß von ihm was süßers könne kwällen /
Als aus der Mutter Brust? Was schafft Silane guts?
Stehn neue Zepter feil; mag meine Hand-voll Bluts
Das Kauffgeld gerne seyn. Kan sie dich höher heben /
Mag man Domitien den Mutter-Nahmen geben /[34]
Und urtheiln: Agrippin ist keines Sohnes werth /
Weil sie nicht alles gab. Wie unbedachtsam fährt
Aus Eyfer aber uns die Gutthat von der Zungen?
Hat ihre Thorheit uns den Fehler abgezwungen /
Und statt des Lachens / Zorn? Indem nicht glaublich scheint:
Daß / die ihr Kind bringt umb / wen Frembdes redlich meint.
So kan der Warheit Strahl der Lügen Rauch zertreiben.
So wolle nun mein Fürst den Mördern Gifft verschreiben /
Das sie auff uns gekocht; So werd ihr zischend Blutt
Ein Opffer unser Rach / ein Gauckelspiel der Glutt /
Ein Spiegel ernster Straff. Es mag der Zorn-Sturm krachen
Auff diese / die dich wolln zum Mutter-Mörder machen /
Die eine Mutter dir wolln rauben; Weil sie dich
So sehr / so hertzlich libt! Was aber müh ich mich
Umb Straffen? Seh ich doch das Wasser meiner Zehren
In Wolcken sich zerziehn / die Blitz und Keil gebehren
Auf der Verräther Kopff. Schaut: Nero theilet schon
Der Laster Marter aus / der Tugend reichen Lohn.
NERO.
Frau Mutter / zwar es fehlt uns nicht an Argwohns-Gründen
Der Ehrgeitz läßt sich auch nicht durch Gesetze binden /
Die die Natur gleich schreibt. Die Hochmuths-Spinne webt
Ihr Garn / an dem sie sich empor an Gipffel hebt
Aus eignem Eingeweid. Hat man mit Kinder-Blutte
Schlecht Unheil außgelescht; mit was für heißerm Mutte
Eröffnet man ihr Kwäll der Adern / wenn sein Schaum
Uns neue Purper färbt? Der Kronsucht süßer Traum
Stellt Eltern Kinder für als Gifft-erfüllte Schlangen /
Vergällt als Drach und Molch den / der offt nichts begangen /
Weil auch aus Wind und Lufft der Schälsucht gifftig Zahn
Ihr eine Speise macht; Jedoch wir wolln die Bahn
Der reinen Sanfftmuth gehn / und diese Hoffnung fassen:
Die Mutter werde sich nicht Ehrsucht blenden lassen /
Uns mit nicht falscher Hold und Liebe pflichten bey.
Daß sie auch unsrer Gunst genung versichert sey /
Sol ihrer Freunde Treu itzt unsre Gnad erfahren.
Das Kornhaus der Stadt Rom sol Fœnius verwahren /49[35]
Balbillus von Stund an Egyptens Land-Vogt seyn /
Antejus Syriens. Dem Stella räumet ein
Den Schauplatz / und nebst dem die Auffsicht unsrer Spiele.
Daß die Verläumbdung auch der Warheit Strahlen fühle /
So sol Silan' entfernt das Elend lernen baun /
Calvisius / Itur Rom nimmermehr mehr schaun /
Des Atimetus Hals sein Mißbeginnen büssen.
AGRIPPINA.
Die Mutter saget Danck dem Fürstlichen Entschlüssen.
Reyen.
Der Gerechtigkeit; Der Tugenden; Der Laster; Der Rache; Der Belohnung.
1. DIE LASTER.
Ihr blindes Volck! Wie seyd ihr so bethöret?
Wie / daß ihr der Gerechtigkeit
Verkapptes Bild / den blinden Götzen ehret?
Und das Altar beliebter Lust entweyht?
Die Götter / die nicht treuen Dienst belohnen /
Sind Weyrauchs nicht / nicht süsser Opffer werth.
Ist euer Danck / sind eures Kampffes Kronen
Nicht Unlust / Haß / Verachtung / Strang und Schwerdt?
Die Palmen aber unsrer Siegung
Sind Ehre / Reichthumb / Lust / Vergnügung.
1. DIE TUGENDEN.
Ihr thörchtes Volck / die ihr der Tugend Licht
Die Sonne der Vernunft nicht einmal könnt erblicken /
Weil der Begierden Dünst euch zaubernde bestricken /
Wir sehnen uns nach euren Aepffeln nicht /
Die außen Gold / innwendig Asche sind.
Ihr lästert unsern Glantz; Alleine könnt ihr Raben
Uns Sonnen anzuschaun wol Adlers-Augen haben?[36]
Geht / speißt euch nur mit Aeßern / Rauch und Wind.
Wir können Wollust-Gifft leicht mißen /
Weil wir der Seele Milch genüßen.
2. DIE LASTER.
Welch Nectar kan die Seele mehr erkwicken /
Als Zucker süßer Libes-Brunst?
Des Himmels Glantz / den tausend Sternen schmücken /
Ist gegen Ehr und Purper neblicht Dunst.
Kein Honig-thau erfrischt so durstge Saaten;
Als Rachgier sich mit Feindes Blutt kühlt ab.
Ihr Armen müßt am Unglücks-feuer braten /
Biß unser Witz euch bringt beschimpft ins Grab.
Wie / daß euch denn für Zucker Gallen /
Für Rosen Neßeln so gefallen?
2. DIE TUGENDEN.
Weichlinge brennt der Keuschheit Neßel zwar;
Doch sie erhält die Lilg und Brust für Fäul und Flecken.
Der Scharlach saugt mehr Blut der Menschen / als der Schnecken;
Der Demuth Kleid bleibt Schwanen-rein und klar.
Die Rachgier ist ihr eigen Seelen-Wurm.
Die Sanfftmuth aber kühlt mit Unschuld ihr Gewissen.
Die Boßheit hat ihr Gifft ja was bezuckern müssen;
Die stillste Lufft bergt Schiffbruch / Wind und Sturm.
Zwar Tugend schmeckt den Lippen bitter /
Doch labt ihr Nectar die Gemütter.
1. DIE GERECHTIGKEIT.
Ja libsten Kinder / last euch nicht der Wollust Zirzen
Versätzen in der wilden Thiere Zunfft.
Last der Sirenen Lied euch nicht in Abgrund stürtzen;
Verstopfft das Ohr mit Wachse der Vernunft.
Scheint ihr gleich itzt zu leiden / sie zu siegen;
Ihr solt doch Lohn; sie aber Straffe krigen.[37]
3. DIE LASTER.
Sol / die für uns in Himmel sich geflüchtet /
Auch dort nicht hoch am Brette sitzt /
Weil Jupiter nach uns die Segel richtet /
Ohnmächtig dreun? Daß sie strafft / lohnt und schützt /
Sind ihrer viel durch dich zum Zepter kommen?
Bekröntestu das itzge Haupt der Welt?
Hat Agrippin itzt Meyneyd fürgenommen?
Weil nun dein Arm der Unschuld Schutz nicht hält /
Was ist dein Schwerdt denn ohne Spitze?
Die Wage sonder Zunge nütze.
3. DIE TUGENDEN.
Ach Göttin / daß dein Eyfer nicht bald bricht!
Denn / hat die Boßheit gleich den Hencker im Gewissen /
Kan Tugend auch gleich Lust im Tod und Kwal genüßen
So füllt es doch der Blinden Augen nicht.
Ist Tugend gleich ihr' eigne Frucht und Werth;
So gönn uns doch nur auch der Ehren Zierath-Blätter /
Schick auf die Hellen-Zucht einmal ein Unglücks-Wetter
So wird das Werck sie lehren: Daß dein Schwerdt
Ja schneiden könn / und dein Gewichte
Nach Würden abwigt Straff- und Früchte.
2. DIE GERECHTIGKEIT.
Brich Hell und Himmel auf! ihr Werckzeug meiner Wercke /
Rach und Belohnung kommt / nehmt euch mein an.
Eröfnet aller Welt der großen Göttin Stärcke:
Daß sie Gestirn und Abgrund öffnen kan.
Ihr müßt mit Blitz auff Sünd und Laster regnen /
Die Tugenden mit Ehren-Kräntzen segnen.
DIE RACHE.
Die Erde bricht / daraus die Rache steiget
Gewaffnet aus mit Giffte / Schwerdt und Glutt.[38]
Der Blitz versehrt die Wolcke die ihn zeuget /
Der Abgrund selbst frist seinen Schlangen-brutt.
Der Ehrsucht Glutt solln grimme Flammen speisen /
Der Wollust Gifft durch tödlich Gifft vergehn /
Die Rachgier fällt durch ihr geschliffen Eysen.
Nun werdet ihr / ihr Laster / ja gestehn:
Daß endlich sattsam reiffe Sünden
Im Leben Pein / im Grabe Schimpff empfinden.
DIE BELOHNUNG.
Des Himmels Gunst / der reine Seelen liebt /
Und wahre Tugenden mit holdem Aug anblicket /
Hat euch durch mich den Lohn / den ihr verdient / geschicket.
Empfangt den Krantz / die Palmen / die er gibt
Kommt / die ihr euch mit Lastern nie befleckt /
Der Warheit Sonnenschein tilgt die Verläumbdungs-Dünste /
Der Unschuld Zirckel hemmt der Boßheit Zauberkünste.
Denn: Daß ihr ja der Tugend Nectar schmeckt /
Eh als ihr solt verfinstert leben /
Muß ein Tyrann ans Licht euch heben.
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