Neunter Auftritt

[28] Die Vorigen. Der Graf als Ritter in einen Mantel gehüllt.

Nr. 4. Finale


GRAF.

Bei nächt'gem Dunkel

schleich ich herein,

Dank, holdes Mädchen,

du harrest mein.

Was darf ich hoffen,

was fürchten, sprich:

Schlägt, Heißgeliebte,

dein Herz für mich?

MARIE beiseite.

Ich weiß vor Angst kein Wort zu sagen.

Ich zittre wie ein Espenlaub.

GRAF. Du schweigst?

IRMENTRAUT leise zum Grafen.

Nur stille, ich will fragen!


Zu Marie.


So hör doch, Kind, bist du denn taub?

MARIE mit tiefem Knicks.

Herr Graf –

IRMENTRAUT.

Nicht gar so untertänig.

GRAF.

Ein süßes Wort der Liebe nur.

IRMENTRAUT leise zum Grafen.

Es kommt, sie ziert sich nur ein wenig,

das liegt in unserer Natur,

das liegt uns Mädchen in der Natur.

MARIE.

Ich weiß vor Zagen

kein Wort zu sagen,

wenn auch sein Mund mir Treue schwört.

Soll ich bekennen,

den Namen nennen

des Teuren, dem mein Herz gehört?

GRAF.

Sie weiß vor Zagen

kein Wort zu sagen,

ob auch mein Mund ihr Treue schwört.

Möcht sie bekennen,

den Namen nennen

des Teuren, dem ihr Herz gehört?[28]

IRMENTRAUT.

Sie weiß vor Zagen

kein Wort zu sagen,

ob auch sein Mund ihr Treue schwört.

Nur frisch bekennen,

den Namen nennen

des Teuren, dem dein Herz gehört.

's wird besser euch vom Munde fließen,

wenn ihr allein –

MARIE. Nein, nein, du bleibst da.

IRMENTRAUT.

Ich will ja Öl nur auf die Lampe gießen.

MARIE.

Ich schreie: Feuer! Feuer!

IRMENTRAUT.

Ja doch, ja.

GRAF.

Ihr bleibt!

IRMENTRAUT.

Ja doch, ich will nicht weichen.

GRAF.

Marie, teures Mädchen, sprich

und ende dieses bange Schweigen!

IRMENTRAUT zu Marie.

Sei doch nicht gar so zimperlich.

MARIE leise zu Irmentraut.

Sag ihm –

IRMENTRAUT.

Was denn?

MARIE.

Er soll gewähren

ein Zeichen seiner Liebe mir –

IRMENTRAUT eilt zum Grafen.

MARIE.

Bleib doch!

IRMENTRAUT leise zum Grafen.

Sie will sich mir erklären.

GRAF.

Im Ernst?

IRMENTRAUT.

Ich stehe gut dafür.

MARIE leise zu Irmentraut.

Hör doch! Will er mir das gewähren,

so soll er mich verlassen gleich.

IRMENTRAUT.

Wie?

GRAF zu Irmentraut.

Nun?

IRMENTRAUT.

Sie ist noch beim Erklären,

bald ist sie fertig, freuet Euch!

GRAF für sich.

Mein Argwohn schwindet.

Dies Schweigen kündet,

daß sie nur einen, einen liebt.

MARIE.

Ich weiß vor Zagen[29]

kein Wort zu sagen,

wenn auch sein Mund mir Treue schwört.

Soll ich bekennen,

den Namen nennen

des Teuren, dem mein Herz gehört?

GRAF.

Sie weiß vor Zagen

kein Wort zu sagen,

ob auch mein Mund ihr Treue schwört.

Möcht sie bekennen,

den Namen nennen

des Teuren, dem ihr Herz gehört?

IRMENTRAUT.

Sie weiß vor Zagen

kein Wort zu sagen,

ob auch sein Mund ihr Treue schwört.

Nur frisch bekennen,

den Namen nennen

des Teuren, dem dein Herz gehört.

MARIE sich ein Herz fassend.

Herr Graf, ich muß Euch frei gestehen –

IRMENTRAUT zum Grafen.

Es kommt, es kommt.


Zu Marie.


Nur dreist und nicht verzagt.

MARIE.

Ich darf Euch ferner nicht mehr sehen –

mein Herz – mein Herz ist schon versagt.

IRMENTRAUT.

Kind, bist du toll? Was fällt dir ein?

GRAF.

Willst du mich der Verzweiflung weihn?

Du läßt mich kalt von hinnen scheiden,

mißtraust der Treue Schwur?

O gönne mir als Trost im Leiden

den Schein der Hoffnung nur!

Verschmähst du, weil ich vornehm bin,

nur meines Herzens Triebe?

Gern gäb ich Glanz und Reichtum hin

für dich, für deine Liebe![30]


Quelle:
Albert Lortzing: Der Waffenschmied. Stuttgart 1963, S. 28-31.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Waffenschmied
Der Waffenschmied: Wir armen, armen Mädchen. Sopran und Klavier. (Edition Schott Einzelausgabe)
Der Waffenschmied: Auch ich war ein Jüngling. Bass und Klavier. (Edition Schott Einzelausgabe)
Der Waffenschmied: Original
Der Waffenschmied: Ouvertüre. Klavier. (Edition Schott Einzelausgabe)

Buchempfehlung

Neukirch, Benjamin

Gedichte und Satiren

Gedichte und Satiren

»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.

162 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon