6.

[425] Dis sind die heylgen zehn gebott,

die uns gab unser Herre Gott

durch Mosen seynen diener trew

hoch auf dem berg Sinai.

Kyrioleys.


Ich byn alleyn deyn Gott der Herr,

kein gotter solltu haben mehr,

Du sollt myr gantz vertrawen dich,

von hertzen grund lieben mich.

Kyrioleys.


Du sollt nicht furen zu unehrn

den namen Gottes deynes Herrn,

Du sollt nicht preyssen recht noch gut,

on was Gott selbs redt und thut.

Kyrioleys.[426]


Du sollt heylgen den siebend tag,

das du und deyn haus rugen mag,

Du sollt von deym thun lassen ab,

das Gott seyn werck ynn dyr hab.

Kyrio.


Du sollt ehrn und gehorsam seyn

dem vater und der mutter deyn,

Und wo deyn hand yhn dienen kan,

so wirstu langs leben han.

Kyrioleys.


Du sollt nicht todten zorniglich,

nicht hassen noch selbs rechen dich,

Gedult haben und sanfften mut

und auch dem feynd thun das gut.

Kyri.


Deyn eh solltu bewaren reyn,

das auch deyn hertz keyn ander meyn,

Und halten keusch das leben deyn

mit zucht und messickeyt seyn.

Kyrioleys.


Du sollt nicht stelen gellt noch gut,

nicht wuchern yemands schweys und blut,

Du sollt auf thun deyn milde hand

den armen ynn deynem land.

Kyrioleys.[427]


Du sollt keyn falscher zeuge seyn,

nicht liegen auff den nehsten deyn,

Seyn unschuld sollt auch retten du

und seyne schand decken zu.

Kyrioleys.


Du sollt deyns nehsten weyb und haus

begeren nicht noch etwas draus,

Du sollt yhm wundschen alles gut,

wie dyr deyn hertz selber thut.

Kyrio.


Die gebott all uns geben sind,

das du deyn sund O menschen kind

Erkennen sollt und lernen wol,

wie man fur Gott leben sol.

Kyrioleys.


Das helff uns der herr Jhesu Christ,

der unser mitler worden ist.

Es ist mit unserm thun verlorn,

verdienen doch eyttel zorn.

Kyrioleys.

Quelle:
Martin Luther: Werke. 120 Bände, Band 35, Weimar 1888 ff., S. 425-428.
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