9.

[431] Christum wyr sollen loben schon,

der reynen magd Marien son,[431]

So weyt die liebe sonne leucht

und an aller wellt ende reicht.


Der selig schepffer aller ding

zoch an eyns knechtes leyb gering,

Das er das fleysch durch fleysch erworb

und seyn geschepff nicht alls verdorb.


Die Gotlich gnad von hymel gros

sich ynn die keusche mutter gos,

Eyn meydlin trug eyn heymlich pfand,

das der natur war unbekand.


Das zuchtig haus des hertzen zart

gar bald eyn tempel Gottes wart,

Die keyn man ruret noch erkand

von Gotts wort sie man schwanger sand.


Die edle mutter hat geborn,

den Gabriel verhies zuuorn,

Den sanct Johans mit springen zeygt,

da er noch lag ynn mutter leyb.


Er lag ym hew mit armut gros,

die krippen hart yhn nicht verdros,

Es ward eyn kleyne milch seyn speis,

der nie keyn voglin hungern lies.


Des hymels Chor sich frewen drob

und die engel singen Gott lob,

Den armen hirtten wird vermeld

der hirt und schepffer aller welt.[432]


Lob ehr und danck sey dyr gesagt,

Christ geborn von der reynen magd,

Mit vater und dem heylgen geyst

von nun an bis ynn ewigkeyt.

Quelle:
Martin Luther: Werke. 120 Bände, Band 35, Weimar 1888 ff., S. 431-433.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Lieder
Die deutschen geistlichen Lieder (Neudrucke Deutscher Literaturwerke)
Sämtliche deutsche geistliche Lieder, in der Reihenfolge, ihrer ersten Drucke. Hrsg. von Friedrich Klippgen
Martin Luthers Geistliche Lieder: Mit Den Zu Seinen Lebzeiten Gebräuchlichen Singweisen (German Edition)