An den Vater meines Patchens

[813] Der Knabe, der zehn Jahre später dir ein Freund

Und lange Zeit ein täglicher Genosse war,

Daheim noch lebt' er in des lieben Vaters Haus,

Mit blühenden Geschwistern selbst ein blühender:

Sieh, diesen Säbel zur Husarenuniform

Trug er durch Hof und Garten und Alleen der Stadt.

Das schöne Kleid (du sahst wohl noch ein Stück davon,

Scharlachen, fein, mit Silberschnörkelwerk besetzt),

Ist längst dahin samt alle seinem Zubehör,

Bis auf dies Eisen, dem getreu die Scheide blieb.

Wem laß ich nun die Waffe? Billig spart ich sie

Dem eignen Sohn; er bleibt nur gar zu lange aus!

Am Ende, fürcht ich ernstlich, kommt er nimmermehr;

Sah ich doch selbst die Mutter bis zur Stunde nicht!

Kurzum denn, Alter, deinem Erstgeborenen,

Dem deine Bruderliebe meinen Namen lieh,

Häng ich den Säbel, bis er ihn gebrauchen kann,

Am Nagel übers Bettchen, ihm zu Häupten, auf,

Unblutig Spielzeug, das von schöner Jugend weiß

Und deinem Knaben keine bösen Träume schafft.


Quelle:
Eduard Mörike: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München 1967, S. 813.
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