Der Felskönig

Ode an ein Gebirge.


Fahr' durch das Klippental,

Fahr' durch die Wipfel:

Der Tannen hohes Lied!

Schwing' dich auf zu jenem Felskönig,

Der fürchterlich durch Blitze blickt,

Wenn licht geflügelt seine Schulter

Des Donners Wagen drückt,

Damit es sich erhelle! – Ruf zurück

Den Tag, da er das erste Mal gleich einem Riesen ausgestreckt

Der Sonne gegenüberstand, zehn Täler und zehn Wälder

Mit seinem Schatten überdeckte,

Und wie vom süßen Strahle trunken,

Gleich einem frohen Säugling lächelte – voll Lust

Die aufgeschwollne, grüne Schulter bäumte, hoch erhob

Die rauhe Felsenbrust.

Und wie auf seinem Haupt nun Blumen aufgeschlossen,

Er schmachtend in das Abendrot geblickt,

Gleich einem Jüngling, dem mit erstem Siegeskranz

Das Mädchen seine Stirn umschmückt.

Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Werke. Band 1, Mannheim und Neustadt/Hdt. 1918, S. 38-39,64.
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