Jägerlied

[73] Auf, rüstige Knaben,

Eh' Lucifer sinkt!

Auroren nun haben

Die Stunden gewinkt!

Schon blasen bei Netzen

Die Jäger im Wald,

Zum Treiben und Hetzen

Das Echo erschallt!


Nach sausen die Lanzen

Dem Wilde durch's Tal!

Am Abend, da tanzen

Wir lustig ums Mahl.

Selbst Amor, der kleine,

Jauchzt mit ins Geschrei

Und treibet uns feine

Brünetten herbei.


Tallara! Taltara!

Das Jagdhorn erschallt!

Taltara! Tallara!

Der Dogen Laut hallt!

Auf Rossen wir eilen

Gleich Stürmen dahin,

Bepflanzen mit Pfeilen

Den Eber im Fliehn!


Tallara! Taltara!

Vom schäumenden Quell,

Taltara! Tallara!

Stürzt mutig Gebell!

Gebt, Jäger, die Spornen!

Auf, Hunde, hieher!

Schon wälzt sich durch Dornen

Der zornige Bär!


Diana hält innen

Die Drachen und blickt

Von wolkigen Zinnen,

In Jagdlust entzückt;

Und läßt nun am Himmel

Den Mondlauf verkürzt,

Und spornet den Schimmel,

Als Jüngling geschürzt.


Wie lechzen die mutigen

Doggen! Wie eilt's

Dort über die blutigen

Klippen! Wie heult's!

Ha! Cynthiens mächtiger

Ruf in den Klang:

Dem Bären dem prächtiger

Sterbegesang!
[73]

Tallara! Taltara!

Juch, lieblich Getön

Taltara! Tallara!

Von blühenden Höhn!

Ei, seht doch, wie bieder

Jagt Amor, der Mann!

Ihm treiben die Brüder

Die Mädchen voran!


Schnell gibt er ein Küßchen

Der jüngsten, hihi!

Entblößet ihr Füßchen

Und wächsernes Knie.

Sie hören ihn lachen

Und schreien: ei, ei!

Und lachen und jagen

Geschwinder vorbei!


Auf, munter, ihr Schützen,

Zum sprudelnden Quell!

Wir schmücken die Mützen

Mit Eichenlaub hell!

Vorbei ist das Jagen!

Dort reiten sie her,

Und führen auf Wagen

Den Eber und Bär!


Auf Rasen nun nieder!

Herr Bacchus schenkt ein,

Und salbet die Glieder

Mit rheinischem Wein!

Laßt Hörner ertönen

Dianen allein!

Ertönen den Schönen

Die Gläser voll Wein!


Schon tanzen, ihr Brüder,

Dort Mädchen in Reihn;

Sie locken durch Lieder

Uns, kühner zu sein.

Sie lachen und scherzen,

Um Amor, das Kind,

Und küssen und herzen

Den Flatterer blind.


Die Lanzen bei Seite,

Ihr Jäger, und springt

Und fröhnet der Freude

Bis Hesper euch winkt!

Dann schlummert auf Rosen

Und Lilien ein,

Und träumet von Kosen,

Von Küssen und Wein!

Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Werke. Band 1, Mannheim und Neustadt/Hdt. 1918, S. 73-74.
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