An Lauras Geist

[76] Wenn im Irrgang dieses Lebens,

Ohne Freund,

Kummervoll mein Auge weint,

Und der Erdenwonnen keine

Mich erfreuen kann:

O erscheine

Tröstend mir, du engelreine,

Gottgeweihte Seele dann!


Wenn ich müd' und trostlos wanke,

Ach! verkannt,

An des Kummers kalter Hand,

Durch verwachs'ne, wilde Haine,

Ohne Stab und Bahn:

O erscheine[76]

Leitend mir, du engelreine,

Gottgeweihte Seele dann!


Wenn mein Geist einst, gleich der Sonne

Goldnem Licht,

Durch des Todes Wolke bricht,

Und, daß er sich dir vereine,

Schimmert Himmelan:

O erscheine

Liebend mir, du engelreine,

Gottgeweihte Seele dann!

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 76-77.
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