Hexenfund

[38] Endlich, alte Wundergerte,

Ueber ein Jahrtausend

Nur in Gräbern hausend,

Hobst du dich ans Licht hervor:

Furchtbar krachte das gesperrte

Geisterthor.


Wahrlich, als wir Hexenjünger

Dich auf Alraunbeeten

Ahnungsvoll erspähten,

Waltete mit unsrer Schaar

Salomos erhabner Finger

Unsichtbar.


In des Erdballs Mittelpunkte,

In des Mondes Grüften,

In der Sterne Klüften,

Herrscht allmächtig auf und ab

Der in Drachenblut getunkte

Zauberstab.
[38]

Ziehn wir, nach der hohen Weise

Aechter Spuckvollstrecker,

Nun um Todtenäcker,

Bei des Abgrunds Melodey,

Der geheimnißschwangern Kreise

Dreimal drei.


Treu dem Saz der Meistergilde,

Laßt aus Memfis Tiefen

Dunkle Hieroglyfen

Eng' uns um die Zirkel reihn,

Und zum Weihaltare bilde

Sich Gebein.


Wann die Leichensteine beben,

An des Kirchhofs Eiben

Sich die Blätter sträuben

Und aus morscher Särge Nacht

Sieben Flämmchen bläulich schweben.

Ist's vollbracht!

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 2, Tübingen 1912, S. 38-39.
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