Jünglingswonne

[39] So lang' im deutschen Eichenthale,

Natur! dein hehrer Schauer webt,

Und, bei des Mondes Geisterstrale,

Der Adler Wodans mich umschwebt;


So lang' in der Erwählten Blicken

Mir tausend Himmel offen stehn,

Und, mit vergötterndem Entzücken,

Wir Arm in Arm durchs Leben gehn;


So lang', in wackrer Brüder Kreise,

Der Bundeskelch zur Weihe klingt,

Und jeder, nach der Ahnherrn Weise,

In Tells und Hermanns Jubel singt:


Will ich den Gram den Winden geben,

Selbst Augenblicken Kränze weihn,

Und noch, wo Todesengel schweben,

Den Pfad mit Rosen mir bestreun!

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 39.
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