Die Nachtigall

[160] Unter dem Ahorn, an der Felsenquelle,

Horcht' ich sinnend der Nachtigall; elysisch

Hallten, gleich Harmonikatönen, ihre

Silberakkorde.
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Feyerlich schwiegen die entzückten Wipfel;

Leiser strömte der Born; in Lieb' und Wohlklang

Hinzuschmelzen schien die Natur; Diana

Senkte den Wagen.


Sängerin, fragt' ich, hat der Sohn Cytherens,

Mit dem Pfeile dir Götterspeise reichend,

In die süsse Kehle dir seines Nektars

Zauber geträufelt?


Amor erzog mich nicht! im Alpenthale,

Nah' dem Baume der meine Wieg' umblühte,

Sang ein Hirt, in orphischen Tönen, Liebe,

Frühling und Unschuld.


Schüchtern begann ich seine Himmelslaute

Nachzuflöten; da lächelte die Wehmuth;

Hofnung hellte rosig des düstern Grames

Fliehende Nebel.


Also die Sängerin; mir flossen Thränen.

Salis! rauschten die Wind' im Frühlingslaube;

Salis! seufzte traurig der Wiesenhalme

Leises Geflüster.

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 160-161.
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