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[229] 1802.
Der Hall der Sterbeglocken ruft
Uns dumpf und bang zu deiner Gruft,
Wo Sehnsuchtsthränen fallen.
Nie soll, bis uns der Tod befreit,
Die Wolke der Vergessenheit
Dein holdes Bild umwallen.
Wohl dir, obgleich entknospet kaum,
Von Erdenlust und Sinnentraum
Von Schmerz und Wahn geschieden.
Der Lebenswandrung Tag ist schwül!
Du bist beim Aufgang schon am Ziel'
Und hast nun ewig Frieden.
Wie war dir, als, mit Bruderkuß,
Die Stirn der Unschuld Genius
Mit lichtem Kranz dir schmückte?
Und Selma, unter Seraphim,
Dich mit Entzückungs-Ungestüm
An ihren Busen drückte?
O deine Wonne thut kein Mund
Im dunklen Prüfungsthale kund,
Doch ahnden wir sie leise.
Ergebung spricht mit ernstem Ton:
Aus Glaubensmuth keimt Himmelslohn
Was Gott verhängt ist weise.
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Hier soll dein Bild, die Rose, blühn
So bald der Lenz in frisches Grün
Die Kirchhofshügel kleidet.
Wir heben dann der Wehmuth Flor
Und schaun zum Friedensland' empor,
Wo niemand weiter scheidet.