An den Tod

[128] Wonne mir, o Tod! Als Furchtgerippe

Schaut' ich selbst im Kindheitstraum dich nie,

Und in Palmen barg sich mir die Hippe,

Welche finstrer Pöbelwahn dir lieh!


Immer hat mit hohen Göttermienen,

Herrlich von der Hoffnung Licht umstralt,

Wie dem Sokrates du einst erschienen,

Mir die Phantasie dein Bild gemalt.


Immer hat, auf dunkler Lebenswelle,

Durch des Mißgeschicks entsternte Nacht,

Gleich der Tyndariden Silberhelle,

Leitend mir dies holde Bild gelacht.


Deine Bucht am Abendhorizonte,

Du, der sich mit Immortellen kränzt,

Glänzt mir, wie das freundlich übersonnte

Zufluchtseiland müden Schiffern glänzt![128]

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 128-129.
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