Das Gewissen

[72] Was thatest du, als ich dich einstens bat,

Nach Gottes Wohlgefallen nur zu streben?

Ich wollte dir das Glück des Lebens geben;

Nun aber sag, was galt dir da mein Rath?


Was thatest du, als ich dich einst belehrt,

Daß deine Wege falsche Wege seien?

Ich wollte dich vom Bösen gern befreien;

Nun muß ich fragen: Hast du dich bekehrt?


Was thatest du, als ich dich dann verließ?

Ich glaubte wohl, du werdest mich vermissen

Und reuevoll um mich zu bitten wissen;

Nun frag ich dich: Was hat geholfen dies?


Jetzt komme ich ein letztes Mal zu dir

Und frage dich: Wozu bist du geboren?

Hörst du auch diesmal nicht, bist du verloren;

Ich bin es, dein Gewissen. Folge mir![72]


Quelle:
Himmelsgedanken. Gedichte von Karl May. Freiburg i.Br. (1900), S. 72-73.
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