Wahrheitstraum

[209] Ich bin im Traum gewesen

Am einstgen Paradies

Und hab ein Blatt gelesen,

Das streng zurück mich wies.


Ich hab im Traum gesehen

Ins Innre mir alsbald

Und wie es konnt geschehen,

Daß dieses Blatt mir galt.


Ich konnt im Traume schauen

Weit über alle Zeit

Und fühlte da ein Grauen

Vor meiner Ewigkeit.


Und als ich dann erwachte,

Blieb mir ein Ahnen kaum

Von dem, was er mir brachte,

Doch wars ein Wahrheitstraum.[209]


Nun sinn ich täglich, stündlich,

Was auf dem Blatt wohl stand;

Es ist mir unergründlich

Und bleibt mir unbekannt.


Doch wenn ich im Gebete

Zu meinem Gott und Herrn

Recht gläubig, innig trete,

So sagt er mir es gern.


Dann macht der Traum als Wahrheit

Mich von der Sünde rein,

Und ich tret in die Klarheit

Des Paradieses ein.[210]


Quelle:
Himmelsgedanken. Gedichte von Karl May. Freiburg i.Br. (1900), S. 209-211.
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