81. Kätzle und Mäusle.

[282] 's ist emal a Kätzle und a Mäusle spaziere gange; da hat's Kätzle dem Mäusle 's Schwänzle runter biße. Da sait 's Mäusle zum Kätzle: »gib mir mei Schwänzle wieder!« Da sait 's Kätzle zum Mäusle: »wenn Du mir Käs holst.« Na ist 's Mäusle zum Keller (Kellner) gangen und hat em gsait:


Keller, mir Käs! Kätzle Käs,

Kätzle mir mei Schwänzle wieder geä.


Na hat der Keller gsait: »wenn Du mir a Meßer holst.« Na ist 's Mäusle zum Schmid gangen und hat gsait:


Schmid mir Meßer! Keller Meßer,

Keller mir Käs, Kätzle Käs,

Kätzle mir mei Schwänzle wieder geä.


Na hat der Schmid gsait: »wenn Du mir Horn holst.« Na ist 's Mäusle zur Gais gangen und hat gsait:


Gais mir Horn! Schmid Horn,

Schmid mir Meßer, Keller Meßer,

Keller mir Käs, Kätzle Käs,

Kätzle mir mei Schwänzle wieder geä.


Na hat d' Gais gsait: »wenn Du mir Heu holst.« Na ist 's Mäusle zum Mäder gangen und hat gsait:


Mäder, mir Heu! Gais Heu,

Gais mir Horn, Schmid Horn,

Schmid mir Meßer, Keller Meßer,

Keller mir Käs, Kätzle Käs

Kätzle mir mei Schwänzle wieder geä.
[283]

Na hat der Mäder gsait: »wenn Du mir Suppe holst.« Na ist 's Mäusle zur Köche (Köchin) gangen und hat gsait:


Köche, mir Suppe! Mäder Suppe,

Mäder mir Heu, Gais Heu,

Gais mir Horn, Schmid Horn,

Schmid mir Meßer, Keller Meßer,

Keller mir Käs, Kätzle Käs,

Kätzle mir mei Schwänzle wieder geä.


Na hat d' Köche gesait: »wenn Du mir Toffele holst.« Na ist 's Mäusle zum Schuhmacher gangen und hat gsait:


Schuhmacher, mir Toffele! Köche Toffele,

Köche mir Suppe, Mäder Suppe,

Mäder mir Heu, Gais Heu,

Gais mir Horn, Schmid Horn,

Schmid mir Meßer, Keller Meßer,

Keller mir Käs, Kätzle Käs,

Kätzle mir mei Schwänzle wieder geä.


Na hat der Schuhmacher gsait: »wenn Du mir Borst holst.« Na ist 's Mäusle zur Sau gangen und hat gsait:


Sau mir Borst! Schuhmacher Borst,

Schuhmacher mir Toffele, Köche Toffele,

Köche mir Suppe, Mäder Suppe,

Mäder mir Heu, Gais Heu,

Gais mir Horn, Schmid Horn,

Schmid mir Meßer, Keller Meßer,

Keller mir Käs, Kätzle Käs,

Kätzle mir mei Schwänzle wieder geä.


Na hat d' Sau gesait: »wenn Du mir Kleie holst.« Na ist 's Mäusle zum Müller gangen und hat gsait:
[284]

Müller mir Kleie! Sau Kleie,

Sau mir Borst, Schuhmacher Borst,

Schuhmacher mir Toffele, Köche Toffele,

Köche mir Suppe, Mäder Suppe,

Mäder mir Heu, Gais Heu,

Gais mir Horn, Schmid Horn,

Schmid mir Meßer, Keller Meßer,

Keller mir Käs, Kätzle Käs,

Kätzle mir mei Schwänzle wieder geä.


Na hat der Müller gsait: »wenn Du mir Waßer holst.« Na ist 's Mäusle an Bach gangen und hat wölle Waßer hole. Da ist's nei gfallen und ist versoffe.

Quelle:
Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Stuttgart 1852, S. 282-285.
Lizenz:

Buchempfehlung

Grabbe, Christian Dietrich

Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Ein Lustspiel in drei Aufzügen

Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Ein Lustspiel in drei Aufzügen

Der Teufel kommt auf die Erde weil die Hölle geputzt wird, er kauft junge Frauen, stiftet junge Männer zum Mord an und fällt auf eine mit Kondomen als Köder gefüllte Falle rein. Grabbes von ihm selbst als Gegenstück zu seinem nihilistischen Herzog von Gothland empfundenes Lustspiel widersetzt sich jeder konventionellen Schemeneinteilung. Es ist rüpelhafte Groteske, drastische Satire und komischer Scherz gleichermaßen.

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon