Dritter Auftritt

[131] Lottchen. Satire.


LOTTCHEN. Ein Weibsbild? Das ist eine ungelegene Visite!

SATIRE. Erschrecke nicht, deine Freundin steht vor dir, komm mir nicht in die Nähe, ich bin ein Geist, ich habe weder Fleisch noch Bein.

LOTTCHEN. Da werden sich die Männer um Sie nicht raufen. Wer sind Sie denn?

SATIRE. Die Satire, die Göttin des Spottes! Ich kenne dein Schicksal, ich kenne deinen entarteten Mann.

LOTTCHEN. Kennen S' den Lumpazius? Wissen Sie mein Schicksal, so ist's Ihnen auch bekannt, was ich für ein bildsauberes[131] Madel gewesen bin, ich bin nit einmal allein ausgegangen, und fünfundzwanzig Männer haben mich auf der Retour begleitet – schaun S' mich jetzt an: oh, ich könnt mich eine halbe Stunde selber mit Füßen treten, daß ich ordentlich gejubelt habe, als ich den guten Bissen meinen zahlreichen Nebenbuhlerinnen aus dem Mund gerissen habe! Vom Anfang ist's juchheißa, hopsasa gegangen – doch kaum haben seine Eltern die Augen zugeschlossen, so war's Vermögen in einem Jahrl verhaut – er hat freilich noch ein paar reiche Vettern zu beerben, aber was nutzt's: auch dieses Vermögen wird bald dem ersten nachgehen, denn solang ein Kreuzer da ist, ist keine Ruh! G'lernt hat er nix, 's Arbeiten hat ihm nie g'schmeckt, jetzt sind wir bettel tutti, heut hat er mir mein Umhängtuch versetzt, das war noch 's einzige, was reputierlich ausg'schaut hat!

SATIRE. Ich wußte alles schon vorher; euch zu retten, wenn ihr nicht kleinlich genug über die Wahl der Mittel denkt, bin ich hier.

LOTTCHEN. Sie sind gewiß nit anverwandt mit uns, sonst hätten Sie sich unmöglich um uns bekümmert. Wann's Ihnen ernst ist, und wann S' nit etwa Sponponaden machen, nach der heutigen Mode, so legen Sie sich bald drein – denn 's ist die höchste Zeit!

SATIRE. In wenigen Stunden soll euer Los auf die günstigste Weise verwandelt sein, nur müßt ihr nicht blöde genug sein, über Kleinigkeiten, über die in der alten Welt die Menschen vielleicht anders gedacht haben, zu stutzen; wie so mancher stolziert in Reichtum und Überfluß, der nicht gern davon reden hört, wie er dazu gekommen ist.


Man hört klopfen und Fritzens Stimme.


FRITZ von außen. Mach auf, Weib! Du schon dasein, ein braves Weib soll am Tor stehn, wenn der Mann kommt.

LOTTCHEN. O jerum, mein lüderlicher Mann! Entweder kommt er benebelt oder desperat nach Haus – in jedem Fall gewöhnlich Prügel, das sind jetzt die Bonbons.

SATIRE. Öffne ihm das Tor, ich will mich indessen in der Kammer verbergen und zur rechten Zeit zu deiner Hülfe und zu eurer Rettung herbeieilen.

LOTTCHEN. Wie er lärmt, ich krieg ein völliges Fieber, wenn der Krampus sich nähert. Ab.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 131-132.
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