An meinen lieben

[206] 1773.


Preis', o Bester, nicht mein Lied

Unsers Vaterlandes Schönen.

Denn, ich hab' umsonst geglüht,

Noch der Enkelin zu tönen.

Trieb auch feuriges Gefühl

Mich zum Klange süßer Lieder,

O so gab mein Saitenspiel

Leise nur den Nachhall wieder.


Gerne segnet den mein Herz,

Der von höherm Feuer glühet,

Den vom Staube himmelwärts

Genius und Gottheit ziehet.

Ich will seine Harmonie

Tief im Blumenthale hören,

Und durch gute Thaten sie,

So wie er durch Lieder lehren.[206]


Sing', o Bester! Dein Gesang

Wird der Zeiten Wechsel höhnen;

Noch dem Enkel wird sein Klang

Tugend in die Seele tönen.

Auch mein Enkel müsse noch

Glühend deine Lieder lesen;

Und sein Busen wall' ihm hoch,

Daß mein Herz dir wert gewesen.


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 50, Stuttgart [o.J.], S. 206-207.
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