Der Frühling

[193] 1772.


Siehe, mein Röschen, der Frühling ist da;

Freuden die Fülle sind ferne, sind nah;

Blumen entspringen;

Vögelein singen,

Daß die Gebürg' und die Thäler erklingen.


Laß uns besuchen den seligen Plan,

Wo wir uns beide das erste Mal sahn:

Blumen entsprangen;

Vögelein sangen,

Daß die Gebürg' und die Thäler erklangen.[193]


Aber ich wandelte traurig einher,

Fühlte die Freuden des Maien nicht mehr,

Blickte danieder;

Blumen und Lieder

Waren dem liebenden Jüngling zuwider.


Bis du mein einsames Klagen gehört,

Und mir die Thränen in Lachen verkehrt.

Jetzo erfreuen

Wieder von neuen

Mich die gesegneten Tage des Maien.

Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 50, Stuttgart [o.J.], S. 193-194.
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