Hoffnung an die Minne

[187] 1772.


O Minne, sieh, ihr Aug' ist blau,

Und wie der Himmel offen!

Je länger ich mich drinnen schau,

Je mehr läßt mich die gute Frau

Auf tausend Freuden hoffen.


Es lächelt, sitz' ich manches Mal

Ihr abends gegenüber,

Bald heller als der Sonnenstrahl,

Bald wird es wieder auf einmal

Von Thränenwolken trüber.


Dies, liebe Minne, dank' ich dir

Tief aus des Herzens Grunde;

Denn, weinst du jetzo gleich aus ihr,

So weiß ich doch, es lächelt mir

Dereinst die schönste Stunde.


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 50, Stuttgart [o.J.], S. 187-188.
Lizenz:
Kategorien: