Trennung

[312] (Am 24. März 1776.)


Nur einen Tag entreiß' ich mich,

Du holde Seele, dir,

Und doch trübt meine Seele sich,

Und dämmrig wird es mir.


Gott, welch ein Schicksal, rief es mich

In fernre Gegenden,

Sollt' ich, du liebe Seele, dich

Auf längre Zeit nicht sehn!


O Trennung, Trennung! wende sie,

Du Gott der Liebe, ab!

Des Lebens Wechsel trenn' uns nie,

Auch trenn' uns nicht das Grab![312]


Laß unsre Seelen einst, o Gott,

Mit einem Hauch verwehn!

Laß uns vereint noch nach dem Tod

Vor deinem Throne stehn!


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 50, Stuttgart [o.J.], S. 312-313.
Lizenz:
Kategorien: