Hoch-Edelgebohrne / und Hoch-Tugendreiche Frauen /

[3] Obwol die Comodien und Tragoedien von etlichen Saturninischen Gemühtern verachtet / sauer angesehen / auch offt sehr scharff durch die Hechel gezogen werden; so ist doch gewiß / daß zu ieden Zeiten / vor und nach unsers Heylandes gnadenreichen Geburt /recht- verständige / und hochberühmte Männer gefunden worden / welche solche Ubungen der Jugend hochgehalten / lieb gehabt / und trefflich heraus zustreichen gewust / alldieweil sie sattsam verstanden /was vor grossen und herrlichen Nutzen dieselben über das allgemeine Wesen ergossen. Denn daß ich ietzo von den Griechen und Römern / der Klugheit wegen Weltberühmten Völckern / üm geliebter kurtze willen / nichts gedencke / welche ungleubliche grosse Kosten auff sothane Jugend-übungen gewendet / so erinnert der hochselige / theure Gottesmann / Lutherus, in seinen Vorreden über das Buch Judith und Tobias / wie bey den Jüden solche Comoedien und Tragoedien sehr üblich gewesen. Dort / in der Vorrede[4] über das Buch Judith / sagt der Seel. Mann: Vnd mag seyn / daß die Jüden solch Gedicht gespielet haben /wie man bey uns die Passion spielet / und andere heilige Geschichte: darmit sie ihr Volck und die Jugend lehreten / als in einem gemeinen Bilde oder Spiel /Gotte vertrauen / fro seyn / und alle Hülffe und Trost bey Gott hoffen etc. Hier aber / in der Vorrede über Tob. spricht er: es ist zu vermuthen / daß solcher schöner Gedicht und Spiel bey den Jüden viel gewest sind / darum sie sich auff ihre Feste und Sabbath geübt / und der Jugend also mit Luft GOTtes Wort und Werke eingebildet haben / sonderlich da sie in gutem Friede gesessen etc. Demnach denn dergleichen Freuden- und Trauerspiel so altes Herkommens / und der Jugend so ersprießlich fallen / ist also balden bey Stifftung unsers Reuß- Plauischen Gymnasii oder Land-Schulen hochweißlich verordnet worden / daß jährlich von dem Rectore eine Comoedia praesentiret werden solle / dahero man auch solches in des Rectoris vocation einzuverleiben pfleget. Nun haben zwar vor diesem / Zeit wehrenden höchst verderblichen[5] Teutschen Krieges / darinnen man der Freuden-Spiele zu vergessen Vrsachen genug gehabt / dieselben etwas ins Stekken gerahten wollen: Es wissen aber vornehme Leute dieses Orts / daß ich auch noch bey wehrenden Kriege / meiner vocation ein mügliches / und ausser Aergernis gesetztes Genügen zu thun / solche Jugend-übungen wieder in Schwang zu bringen eyferigst getrachtet habe. Dannenhero ich vor rahtsam befunde / dergleichen Sachen nicht eben auff offentlichen Schau-Plätzen / sondern in Lateinischer Sprachen in dem Auditorio vorstellig zu machen. Massen ich anno cIc Icc XLVII. die materiam von dem Päbstischen Fasten / ann. cIc Icc XLIIX. die historiam von Stifftung unsers Gymnasii, und der reformation der Kirchen durch Lutherum geschehen / in andern Jahren die historiam oder geistlich Gedicht von der Judith / ein concilium Deorum ac Dearum de statu Germaniae deliberantium, von der Gebuhrt unsers Heylandes / von Isaacs Geburt / von der Hildegarden / Caroli Magni Gemahlin / von der Beschneidung Christi / von Marggraff Waltern / so eine Schäfers Tochter (wie Fr. Petrarcha[6] erzählet) soll geheyrahtet haben / einen discurs von rechtmässiger Erklärung der Weissagung Jacobs Genes. XLIX. 10. Von den Weisen aus Morgenlande / die histor. von dem Apelle, und wie er an Ptolemaei Hofe durch einen andern Mahler verleumdet worden / von des Jungen Tobias Hochzeit / von dem Kindermorde Herodes / ein philosophisches Gedicht von Tugenden und Lastern /und was dergleichen argumenta mehr gewesen / repraesentiret habe. Jedoch sind unter diesen Materien etliche auff offentlichen Schauplatz gezogen / und /weil GOtt bessere Zeiten verliehen / in Teutscher Sprache vorstellig gemacht worden / Ist auch nach und nach Bericht eingeloffen / daß sothane Vbungen allezeit mit gutem Nutzen / davor ich meinem GOtte hertzlich dancke / abgeloffen. Dannenhero ich unlängst veranlasset worden / so wol der hohen Landes Obrigkeit / als auch denen Land-Ständen derer wohl-löblichen Reiß-Plauischen Herrschaften / Jüngerer Lineen / bey dem Schluß des neulichst gehaltenen / und durch GOttes Segen zu iedermans Vergnügen glücklich geschlossenen Land-Tages[7] zu respectivè unterthäniger und dienstlichen Auffwartung dergleichen exercitium der mir anvertrauten Jugend anzustellen /damit zugleich die wohl löblichen Landstände / daß ich meinem Beruff nachlebte / erkennen möchten. Weil denn neben andern hohen Personen auch E.E. Hoch Ad. Hoch Ad. Tug. Tug. hierbey sampt dero Hertzgeliebtesten Ehe-Herrn sich hochgünstig befunden / und seit der Zeit vielfältig erinnert worden / und zwar von vornehmen Männern / daß ich doch solch exercirium zum Druck befördern möchte / Als hab ich endlich hierein gebührend gewilliget / und E.E. Hoch Ad Hoch Ad. Tug. Tug. diese Ausfertigung mit Schuldiger observantz und Ehrerbietung wohlmeynend zuschreiben und übergeben wollen / Der gäntzlichen guten Zuversicht lebende / daß dieselbe solch mein Beginnen mit bißhero überflüssig verspürter hoher Gunst wohl / und nach meines Hertzens Wuntsch / auffnehmen / auch mir und den lieben Meinigen förderhin wohl ad fectioniret verbleiben werden. Werde ich diesen Zwekk / Krafft guter geschöpfften Hoffnung / erreichen / so wird mir solches mehr und mehr[8] Anlaß geben / vor E.E. Hoch Ad. Hoch Ad. Tug. Tug. und dero Hertzgeliebteste Ehe-Herrn andächtig zu beten / und den Allerhöchsten demütig anzustehen / daß seine Göttliche und unendliche Güte Ihnen allerseits langes Leben / gewüntsche Leibes- und Seelen-Wohlmacht / samt allem Hoch Adelichen Wolergehen von oben herab beschehren und mildiglich verleyhen wolle. Gegeben in Gera am 20. April. 1662.


E.E. Hoch Ad. Hoch Ad.

Tug. Tug.


Gebet-Will.


M. Joh. Sebastianus

Mitternacht.

Quelle:
Johann Sebastian Mitternacht: Dramen. Tübingen 1972, S. 3-9.
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