An den wohlgeneigten Leser.

[9] Wolgeneigter Leser / mir zweifelt nicht / es werdē sich viel verwundern / wie ich / der ich neben meinen ordentlichen Amtsverrichtungen dem studio Theologico ergeben / die Resolution gefasset / und beygefügte Tragoediam publiciret / weil zumahl nicht undekandt / wie spöttlich solche Materien von vielen gehaltē werden. Dies Verwundern aber wird sich verhoffentlich allgemachsam verlieren / wann mau die in der Zueignungsschrifft / und in dem Prologo enthaltenē Vrsachen etwas genauer überlegen wird. Sonst ist hierbey zu erinnern / daß / nach dem ich das Hauptwerck schon auffgesetzet / und unter gewisse Personen eingetheilet gehabt / sich viel andere gefunden /die inständigst / sie auch mit ein zu nehmen / angehalten. Daher ich bewogen worden / hin und wieder eine oder die andere Person mit ein zu rükken / welche /im Fall sie nicht beliebt / oder mit tüchtigen Subjectis repraesentiret werden könten gar wohl mögen zurükke bleiben v.g. der Argumentator generalis, und die fünff Argumentatores speciales, Veritas, die Philosophi, Martis Secretarius Martis Hofmeister / und das wenige / so Ariophilus mit ihme redet; der Regiments. Schultz / der Admonitor, die Justistitia, und noch wol mehr / nach Beliebung dessen / der etwa das Werck anstellen wolte / als welcher nach seinem Gutbefinden hierinnen zu disponiren hat. Werde ich verspühren /daß diese Ausfertigung wol auffgenommen worden /können künfftig mehr folgen.[10] Jetzo schließ ich mit dem Weltberühmtē Herrn Zeillero Cent. II. ep. XXIII. pag. m. edit. in. 4. 362. So viel die Comoedien belanget / so werden in denselben unterschiedliche Abbildungen der Gemüter / gleich wie in den Spiegeln unterschiedliche Leibesgestalten / vorgebildet. Vnd wenn es schon nicht allwegen recht mit hergehet / so muß man doch solches nicht den Theatralibus actionibus zumässen. Denn sonsten man eben das thäte /was die heßliche Weiber thun / wenn sie sich über den Spiegel erzürnen / und ihme fluchen / daß sie in solchem nicht schön aussehen. etc.[11]


Quelle:
Johann Sebastian Mitternacht: Dramen. Tübingen 1972, S. 9-12.
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