Friede

[142] Wie weich sich Form und Farbe binden

in Sommermittags glühem Hauch: –

Das Dorf im Schatten alter Linden,

ein rötlich Dach, ein Wölkchen Rauch;


der Bergbach, dessen heitre Eile

sich glitzernd durch die Wiese webt;

der Straße laubverhüllte Zeile,

die ahndevoll zur Ferne strebt;


und all dies gütig eingeschlossen

von hoher Felder Gold und Duft;

und alles flimmernd überflossen

von lerchenlauter Juliluft ...


Ich schau des Herdrauchs fromme Kreise

zum hohen Blau erblassend ziehn, –

und meine Seele füllen leise

des Friedens süße Harmonien.

Quelle:
Christian Morgenstern: Sämtliche Dichtungen. Abteilung 1, Band 2, Basel 1971–1973, S. 142-143.
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