Auf der piazza Benacense

[67] (Riva am Gardasee)


Den Nacken hoch, Germane!

Diese Gassen

trat deines Ahns

geschienter Herrenfuß.

Hier eben, wo ich schreite,

schritt auch er,

geehrt vom Italer,

und seiner Weiber

Gebet und Furcht.

Ich blonder Enkel bin

kein Fremder hier;

der Bursch dort teilt vielleicht

uralte Vaterschaft

mit meinem Blut.

Wie mir das Herz schlägt,

töricht laut und stark!

Es ist ein Stolz

um alte Volkheit doch, –

und warens Bären auch,

die hier als Gäste

des schönsten Reichs gehaust ––

der Enkel hegt,

nicht ihren Grimm,

doch ihre Kraft noch heut.

Den Nacken hoch, Germane!

Felskastelle[68]

des Berner Dietrich

und des großen Karl

erzählen heut

von alten Siegen noch,

und schwarze Augen

brenne heut noch heißer,

wenn sie des Nordens

blauer Blitz versengt.

Quelle:
Christian Morgenstern: Sämtliche Dichtungen. Abteilung 1, Band 3, Basel 1971–1973, S. 67-69.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Ich und die Welt
Christian Morgenstern. Sämtliche Dichtungen / Ich und die Welt