Gebt mir ein Ross ...

[13] Gebt mir ein Roß, und laßt mich reiten

aus diesem Meer von Staub und Stein,

in Wäldernacht, in Steppenweiten

laßt einsam mich und selig sein!

Hurrah! hussah! Der Rappe fliegt ...

Die schwarzen Mauern fliehn zurück ...

Vor mir in stiller Ferne liegt

der Freiheit unaussprechlich Glück ...


Vorüber tausend glatten Städten,

bis mich ein freies Land empfängt,

wo nicht Kultur mit Sklavenketten

die kühne Mannesfaust behängt!

Hurrah! hussah! Zigeunerkind!

Herauf zu mir! mein Arm hält fest!

Hin, wo die Berge pfadlos sind!

Ein Horst sei unser Hochzeitsnest! ...


Und spürt uns die verruchte Sippe

im hohen Felsenbrautbett auf – –

todwilde Jagd zur nächsten Klippe!

Die letzte Kugel aus dem Lauf!

Hurrah! hussah! Die Tiefe droht ...

Umschling mich, Weib! Hörst du sie schrein? ...

Viel lieber hier im Abgrund tot

als dort im Staub lebendig sein! ...

Quelle:
Christian Morgenstern: Sämtliche Dichtungen. Abteilung 1, Band 3, Basel 1971–1973, S. 13-14.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Ich und die Welt
Christian Morgenstern. Sämtliche Dichtungen / Ich und die Welt