Mir kommt ein altes Bergmannslied zu Sinn

[177] Mir kommt ein altes Bergmannslied

zu Sinn,

das mahnt mich an die Zeit, da ich

verliebt gewesen bin,

zum erstenmal

mit aller Lust und Qual,

davon ich spät erst, spät

genesen bin.


Wie drängt ein ganzer Jugendtraum

empor,

sing ich das alte Bergmannslied

mir selber leise vor.

Es glänzt ein Saal

im nachtgestirnten Tal,

die Dorfkapelle spielt

die Weise vor.


Und dann der Tanz den Saal hinauf,

hinab.

Ach, was ich mich in Wunsch und Wahn

damals vermessen hab!

Oh süße Qual,

der ich mein Herz empfahl,

und die ich noch nicht ganz

vergessen hab.

Quelle:
Christian Morgenstern: Sämtliche Dichtungen. Abteilung 1, Band 3, Basel 1971–1973, S. 177-178.
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