Draußen in Friedenau

[40] Es bläst wer in der Winterluft

zum Blut der Abendröte ...

Ein fragender Vorfrühlingsduft

mischt sich dem Klagen der Flöte.


Vor einer Schänke steht ein Kind,

ein schlankes, mit kurzen Röcken.

Es steht mit seinen Locken im Wind

wie ein erstes Frühlings-Erschrecken ...


Dahinter flammt durch Pappelreihn,

die Welt mit Schmerz durchseelend,

der tiefe himmlische Widerschein

von unendlichem Glück und Elend.

Quelle:
Christian Morgenstern: Sämtliche Dichtungen. Abteilung 1, Band 7, Basel 1971–1973, S. 40-41.
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