Genug oft

[91] Genug oft, daß zwei Menschen sich berühren,

– nicht leiblich, geistig nur – daß sie sich»sehn«,

daß sie sich einmal gegenüberstehn –

um sich danach vielleicht auf immer zu verlieren.


Genug oft, daß ein Lächeln Zweier Seelen

vermählt – oh nicht vermählt! nur dies: sie führt,

so vor einander schweigend und erschüttert,

daß ihnen alle Wort' und Wünsche fehlen,

und jede, unaussprechlich angerührt,

nur tief vom Zittern der verwandten zittert.

Quelle:
Christian Morgenstern: Sämtliche Dichtungen. Abteilung 1, Band 7, Basel 1971–1973, S. 91-92.
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