Der Fichtenwald.

[35] Hier war nun alles auf einmal so todt und einförmig – und Hartknopf wanderte ganz allein. –

Es war Ebbe in seiner Seele geworden – die angenehmen Bilder standen tief im Hintergründe. –

Er horchte auf den Tritt seiner Füße, und stand zuweilen still, und machte mit seinem Stabe Figuren in den Sand. –

Mit dieser Handlung begannen die fürchterlichsten Stunden seines Lebens – dieß war das Zeichen der gänzlichen Leerheit, der Selbstermangelung, des dumpfen Hinbrütens, der Theilnehmungelosigkeit an allem. –

Als er von dem Pächter Heil und seiner Schwerster Abschied nahm, da war seine Mine noch heiter und froh – sobald er aber aus der Thür getreten war, und niemand mehr um sich sah, seufzte er: Ach Elias! und seine Lippen schlossen sich wieder. –[36]

Er eilte mit starken Schritten dem Fichtenwalde zu – und als er ihn erreicht hatte, und in sein heiliges Dunkel trat – fühlte er auf einmal seine Brust von einem großen Gefühl erweitert, daß aber eben so plötzlich sich wieder verlohr, als es entstanden war. –

Es war die große leblose Natur, welche er in diesem Augenblicke fest an sich schloß, und die sogleich wieder allen Reiz für ihn verlohr – weil das schimmernde zarte Gebildete das Große verdunkelte, und doch war das zarte Gebildete nicht stark genug, das Große in seinem Umfange festzuhalten, und es dem Liebenden zur Morgengabe zu bringen. –

Es entstand ein schrecklicher Kampf in Hartknopfs Seele – das Leere wollte die Fülle, das Chaos die Bildung verdrängen. – Nichts war der Mühe des Festhaltens, nichts des Fliehens, und nichts der Anschließung werth. –

Ohne Gedanken, ohne Empfindung, zog er noch immer Figuren im Staube, als sein guter Genius seine Hand leitete, und er auf einmal unwillkührlich den Nahmen Elias auf den Boden schrieb. –[37]

Durch diese trostreichen Züge stärkte die Hand des Engels ihn, und der Kelch gieng dießmal noch vor ihm vorüber. –

Er gieng mit schnellen Schritten vorwärts, in der Kühle des Waldes. – Er hatte einen Punkt gefaßt, an dem er sich wieder halten konnte, dem sich das übrige unterordnete. –

Seine Phantasie fand wieder freyen Spielraum – er dachte sich in der Stube des Pächter Heil mit der weichen Fußdecke, und den blauen senkrechten Streifen an den Wänden. –

Dann beschäftigten seine Gedanken sich mit dem Hrn. v. G..., den er nun persönlich sollte kennen lernen, nachdem er schon lange im Briefwechsel mit ihm gestanden. –

Quelle:
Karl Philipp Moritz: Andreas Hartkopf. Prediger Jahre, Berlin: Johann Friedrich Unger, 1790. , S. 35-38.
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