1. Auftritt.

[67] Bolzau. Steinkirch.


STEINKIRCH neben Bolzau sitzend. Herr Commerzienrath, jetzt habe ich Ihnen Alles gesagt. Sie kennen nun meine Verhältnisse und ich bitte Sie von der Aufrichtigkeit meiner Gefühle überzeugt zu sein.

BOLZAU sich etwas verlegen das Haar krauend. Ja, ja – Sie haben mir Alles gesagt, lieber Steinkirch.

STEINKIRCH. Was habe ich zu erwarten, Herr Commerzienrath?

BOLZAU verlegen. Das ist nicht so mit einem Wort abgemacht! Sehen Sie Ludmilla ist doch nicht meine Tochter –

STEINKIRCH. Ich weiß, ich weiß, es ist Ihre Nichte, doch Sie lieben und halten Sie ja wie eine Tochter.

BOLZAU zögernd und verlegen. Ja – das ist ganz richtig – ich liebe das gute Kind recht sehr –

STEINKIRCH. Oh, ich auch, und ich werde gewiß Alles aufbieten, um sie recht glücklich zu machen.

BOLZAU. Ja, ja, das glaube ich Ihnen, mein lieber Steinkirch,[67] aber – aber – sehen Sie, ich habe doch nicht allein zu entscheiden, ich habe eine Frau –

STEINKIRCH. Ja so – Aufstehend. So werde ich mit der Frau Commerzienräthin sprechen. – Sie erlauben.

BOLZAU steht auf, hält ihn auf. Nein, thun Sie das lieber nicht – es könnte Ihnen schlecht bekommen. Bei Seite. Was so ein Verliebter für eine Eile hat! Laut. Ich werde das übernehmen, ich gestehe Ihnen, ich weiß noch gar nicht, wie sie darüber denkt!

STEINKIRCH. Oh – wenn Sie nur wollen!

BOLZAU. Ja, ja – Bei Seite. Was die Jugend für naive Anschauungen hat – als wenn meine Alte gar nichts zu sagen hätte. Laut. Sie haben Recht – es ist eigentlich nur pro forma – doch ist es besser, ich leite das ein, es wird mir zwar etwas heiß bei dem Gedanken – doch verlassen Sie sich auf mich! Sagen Sie gar nichts – lassen sich gar nichts merken, meine Frau hat darin ein Auge – ich sage Ihnen –

STEINKIRCH naiv. Das habe ich schon empfunden, keine Secunde war ich unbeobachtet.

BOLZAU. Sehen Sie –

STEINKIRCH. Wenn Sie nicht die Güte gehabt hätten, vorhin bei dem Schachspiel einzuschlafen –

BOLZAU hält ihm den Mund zu. Pst – wollen Sie – so etwas zu sagen, wenn das meine Frau hörte.

STEINKIRCH. Ich danke Ihnen recht sehr dafür.

BOLZAU. Machen Sie nur, daß Sie jetzt fortkommen, gehen Sie den Damen aus dem Wege.

STEINKIRCH. Wie Sie wünschen, ich werde hier nebenan in den Garten gehen, wo die Ausschuß-Sitzung stattfindet.

BOLZAU. Gut.

STEINKIRCH. Bitte lassen Sie mich nachher eine gute Antwort hören, auf Wiedersehn, Herr Commerzienrath. Ab durch die Mitte.[68]

BOLZAU. Leben Sie wohl! – Ein netter Tag heute, verbrannte Kapaunen, kein Nachmittagsschläfchen, jetzt diesen verliebten Menschen, über den meine Wilhelmine außer sich werden wird, meiner Nichte Bertha noch den Kopf waschen, wegen des Kochofens, Scheffler eine Vorlesung halten, dazu Ausschuß-Sitzung, ich begreife nicht, wie ich das Alles überwältigen soll! – Oh und dabei liebe ich so sehr meine Ruhe. –


Quelle:
Gustav von Moser: Lustspiele. Band 1, Berlin 1873, S. 67-69.
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