[555] Damöt. Sylvia.
DAMÖT.
Ich sterbe ohne dich.
SYLVIA.
Allein, was sprach Montan?
DAMÖT.
Montan? was er gesagt? es geht unmöglich an.
Er sprach: Ich solle dich, du solltest mich verlassen.
Wenn dieses möglich wär, so müßten wir uns hassen.
SYLVIA.
Nein, hassen werd ich dich, so lang ich lebe, nie.
DAMÖT.
Und ich dich gleichfalls nicht.
SYLVIA.
Was raschelt dort? Flieh, flieh.[555]
DAMÖT.
Nein, nein, es ist mein Hund.
SYLVIA.
So muß ich von dir gehen.
DAMÖT.
Ach, warte doch! Montan wird uns so gleich nicht sehen.
Ich weiß nicht, was er da mit seinem Unglück will;
Ich sag ihm frey – Allein, wenn er spricht, schweig ich still.
Es ist, als wenn ich ihm, was er sagt, müßte glauben.
Doch, meine Sylvia! dich soll er mir nicht rauben.
SYLVIA.
Dich mir desgleichen nicht. Allein, wo fliehn wir hin?
Ich seh ihm stets um mich, ich bin auch, wo ich bin.
Sein ernsthaft Reden macht, daß ich mich vor ihm scheue;
Doch folg ich dießmal ihm, so folg der That die Reue.
DAMÖT.
Verhindre diesen Schmerz und folg ihm diesmal nicht.
Hier frage nur dein Herz, und thu, was dieses spricht.
SYLVIA.
Mein Herz spricht: Widersteh dem, was Montan begehret – –
DAMÖT.
Und sey Damöten gut.
SYLVIA.
Dein Wunsch war dir gewähret,[556]
Eh du ihn noch gethan; mein Wunsch ist deinem gleich.
DAMÖT.
Mein Wunsch kam ihm zuvor.
SYLVIA.
Damöt, Montan kömmt, weich!
DAMÖT.
Wo kömmt er denn? Ach Kind! du willst, ich soll dich meiden;
Ich muß, weil du es willst – ich muß – ja – ich muß scheiden.
Will gehen.
SYLVIA.
Nun, mußt du denn gleich gehn? – Damöt!
DAMÖT.
Du willst es ja.
SYLVIA.
Montan will es ja nu. Damöt!
DAMÖT.
Ach Sylvia!
Doris und Chloe kömmt. Montan kömmt auch mit ihnen.
SYLVIA.
O weh! er ist schon da, mich schrecken seine Minen.
Komm!
Wollen gehen.
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