Sechster Auftritt.

[561] Corydon, Montan, Damöt, Sylvia, Silvander, Doris, Chloe.


CORYDON in ordentlicher Schäfertracht.


Zu Montan.


Gelt, Brüderchen, nun wird kein Schäfer vor mir laufen?


Damöt und Sylvia sehn ihn bewundernd an.


O weh! wie durftet mich! giebt es hier nichts zu saufen?

CHLOE.

Ja, Milch und Wasser.

CORYDON.

Gut, es hat noch Zeit damit.

SILVANDER.

Montan! ach mein Montan! für alles, was ich litt,

Und was für Elend dir der Himmel zugeschicket,

Hat dieser frohe Tag uns insgesamt beglücket.

Ach Schwester!


Umarmt Sylvien, welche erschrickt und zurück tritt.
[561]

MONTAN.

Sylvia? Wie? Himmel!

CORYDON.

Er hat Recht.

Vermenge nun nicht mehr mit deinem mein Geschlecht,


Zu Silvander.


Umarme mich mein Kind,


Sie springt zurück.


MONTAN.

Dein Kind?

CORYDON.

Mein Kind. O Freude!

So seh ich endlich noch die längst verlohrnen Beyde!

MONTAN.

Lenore?

CORYDON.

Sie ists nicht. Es ist Luise.

MONTAN.

Wie?

SILVANDER.

Ja, ja, wir irrten uns.

MONTAN.

Lenore!

CORYDON.

Das ist die,

Ich hab es gleich entdeckt, man hatte dich belogen.

MONTAN.

Ach! kann es möglich seyn? Ach! wär ich doch betrogen?[562]

CORYDON.

Du bist betrogen, ja. Sieh, kennst du diese Hand?


Giebt ihm einen Brief.


MONTAN.

Sehr wohl.

CORYDON.

Lies.

MONTAN liest.

Himmel! ach! das war mir unbekannt,


Zu Doris.


Ach Tochter!


Zu Damöt.


Ach mein Sohn!


Umarmt sie.


von mir kommt euer Leben,

Nun kann ich der Natur nicht länger widerstreben.

Verlaßt einander nie.


Führt Damöt und Sylvia zusammen.

zu Corydon.


Ich weiß, du willigst drein.

CORYDON.

Von Herzen gern; was kann nur größre Freude seyn?

DAMÖT.

Ach mein Montan! ach!

SILVANDER.

Ach! Montan! ach!

DAMÖT.

O Vergnügen!

SYLVIA.

So darf er nun bey mir gehn, essen, weiden, liegen,

Und doch nichts Böses thun?

MONTAN.

Ja, dieses steht euch frey.

DAMÖT.

Ach, liebste Sylvia! ich lebe nun aufs neu.[563]

SYLVIA.

Für Freuden sterb ich fast. Ach, mein Damöt!

MONTAN.

Silvander,

Ich schenke dir mein Kind,


Führt ihm die Doris.


allein nicht den Leander.

Verstehst du es! denn hier bleib ich so wie mein Kind.

CORYDON.

Ist das, so ists gewiß, daß wir geschieden sind.

SILVANDER.

Wie so? geschieden? nein. Hier bleib ich ungezwungen;

Der Ort ist meine Lust, wo mir mein Glück gelungen.

CORYDON.

Nein, nein, hier bleib ich nicht, und du mußt mit mir fort.

SILVANDER.

Doch ohne Doris hat die Welt nicht einen Ort,

Der mir gefallen kann.

CORYDON.

O! die muß mit uns ziehen.

DORIS.

Ja, ja, ich ziehe mit.

MONTAN.

Willst du den Vater fliehen?

DORIS.

Den Vater? Wer ist der?

CORYDON.

Solch Zeug hast du gemacht![564]

Sie kennt dich nicht einmal.

MONTAN.

Das that ich mit Bedacht.

Und eh das feste Land mich wieder sollt erblicken;

Eh will ich weder mich, noch Kind noch Freund, beglücken.

CORYDON.

Der Trotzkopf!


Quelle:
Christlob Mylius: Vermischte Schriften. Berlin 1754, S. 561-565.
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