2.


Friederich Hoffmann theilt die Aemter nach den Temperamenten aus.

[114] Die, so man gemeiniglich Sanguineos nennt, haben ein flüßiges und temperirtes Geblüt und Säfte. Sie sind in ihren Verrichtungen und Handlungen munter und hurtig, machen sich nicht leicht über etwas Schwierigkeit, Sorge und Kummer, sind vergnügt, lustig und scherzhaft, lieben die Gesellschaft, sonderlich ihres Gleichen, mögen gerne etwas Gutes essen und trinken, sparen deßhalb kein Geld, halten sich propre in Kleidung, sind den Frauenzimmern sehr geneigt und bei ihnen angenehm, können sich fast in alle Launen schicken, werden nicht leicht zornig, fahren wohl geschwinde auf, aber lassen sich bald wieder besänftigen. Unter den drei Hauptlastern sind sie sonderlich zur Wollust geneigt, fliehen gar sehr mühsame Arbeit, Krankheit und den Tod. Uebrigens haben sie ein gutes Gedächtniß, fassen[114] leicht etwas, sind beredt und angenehm im Umgange.


Die Sanguinei schicken sich bei großen Herren an Höfen zu Hof- und Cammer-Junkern, Exercitien Meistern, Oberschenken, Küchen- und Ceremonienmeistern und Favoriten, allwo sie ihr Glück machen. Man muß dieselben aber nicht zu geheimen Finanzräthen machen, wo sie viel mit Einnahmen und Rechnungen zu thun haben, wozu sich die mehr qualificiren, die eines melancholischen Temperaments sind; denn diese sind sonderlich capable zur Oekonomie; Geld zu erwerben, Commercia in Stand zu bringen, und sich dadurch bei großen Herren beliebt zu machen. Die gelehrten Sanguinei geben wegen ihres guten Gedächtnisses Professoren der Sprachen, Eloquenz, Historie und Alterthümer ab, bekommen wegen ihres guten Vortrages leicht applausum, und wenn sie dabei Ambition haben, loben sie sich gerne selbst, und prahlen mit ihren Wissenschaften und ihrem Gedächtniß.


Solche Personen, die man insgemein Cholericos nennt, sind in ihren Handlungen sehr activ und hurtig, begreifen ein Ding gar bald, und können es bald wieder hervorbringen. Sonst sind sie zur Uebereilung, Ungeduld, Eifer, Hochmuth und Ehrgeiz sehr geneigt, auch zur Rachgier gegen diejenigen, die sie verachten und nicht genugsam[115] ehren, streben nach hohen Dingen und Aemtern, fürchten nichts mehr als Sclaverei und Schande, lieben diejenigen, so sie loben und ehren, machen gerne, wenn sie es haben, äußerlich einen großen Staat. Diese Sanguinei ambitiosi schicken sich zum ersten, andere zu beschützen, und sie, wenn Wollust und genereuse Freigebigkeit bei ihnen ist, zum Guten aufzumuntern.

Es werden daraus gute Officiers, Generals, Gouverneurs und Abgesandten, des Herrn Respect zu observiren.


Bei den Melancholicis ist das Geblüt nebst den Säften etwas dick, und mit vielen groben terrestrischen Theilen angefüllt, daß sie durch die Canäle und Meatus des Hirnhäutleins sich langsam und mit einiger Schwierigkeit bewegen und circuliren. Solche Personen sind in Verrichtungen und Handlungen sehr langsam, und von keiner Resolution, besinnen sich sehr lange, sind zweifelhaftig, mißtrauisch, furchtsam, und wenn sie worauf kommen, verändern sie sich nicht leicht, sondern bleiben bei ihrem Sinn und Gewohnheit, lieben die Einsamkeit, gehen lieber mit ihres Gleichen, als mit lustigen Personen, um, sind keine Liebhaber von Frauenzimmer, sind pensiv und machen Grillen, hängen das Herz sonderlich an das Zeitliche, und sind, wie die Cholerici, dem Ehrgeiz, also vornehmlich dem Geldgeiz, ergeben, fürchten sehr die Armuth, theure Zeit, machen[116] sich viel Angst und Sorge; sonderlich wenn sie etwas vom Zeitlichen verlieren sollen, und können gar leicht zur Desparation gebracht werden. Was aber die sinnlichen Kräfte betrifft: so können sie ein Ding, wenn sie es einmal ins Gedächtniß gefasset, lange behalten, und weil sie alles wohl überlegen und zum Meditiren aufgelegt sind: so schicken sie sich zu solchen Actionen, die ein Iudicium und Nachsinnen erfordern.


Man nimmt wahr, daß Sanguineo-melancholici, wenn sich die andern Requisita dabei befinden, am besten zu Justiz- zu Geheimderäthen, Hofpredigern, Generalsuperintendenten, Urtheilsverfassern und Leibmedicis sich schicken. Die gelehrten Melancholici sind zur Philosophie, Algebra und Medicin aufgelegt. Die Melancholico-cholerici sind fleißig, schreiben viele Bücher, refutiren und reformiren gern andere, können ihres Gleichen nicht wohl vertragen, und wenn sie auf eine Meinung kommen, kann man sie nicht davon abbringen; sie zanken und streiten auch gern, und vergeben nicht leicht, wenn man ihnen etwas zuwider gethan hat.


Die Phlegmatici sind am Gemüthe und ihren Thun und Gewohnheiten sehr langsam, faul und nachläßig, arbeiten und studiren nicht gern, schlafen auch lange, sind sonderlich dem Saufen ergeben, und lieben solche Compagnien; gehen[117] lieber mit geringen als vornehmen Leuten um, fragen nicht viel nach Ehre und Schande, haben wohl ein Gedächtniß, aber kein sonderliches Ingenium und Iudicium; wenn sie reich sind, leben sie sehr unordentlich im Saufen und Unzucht, depensiren das Geld und werden arm.


Die Phlegmatico-sanguinei, die zum liederlichen Leben, Saufen, Spielen und Unzucht geneigt sind, und ihren Vorgesetzten nicht folgen, können nicht besser zurechte gebracht werden, als wenn man sie unter die Disciplin der Soldaten bringt, allwo sie zur Arbeit und Ordnung angehalten werden.

Quelle:
[Nebel, Ernst Ludwig Wilhelm:] Medicinisches Vademecum für lustige Aerzte und lustige Kranken [...] Theil 1–4, Frankfurt, Leipzig 1795 (Bd. 1), 1796 (Bd. 2); Berlin, Leipzig 1797 (Bd. 3); Berlin, Leipzig 1798 (Bd. 4), S. 114-118.
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