Dritte Szene

[87] 1.2.3.4.

(Bühne frei)Die Vorigen;Die Vorigen;Zuerst Bühne

danndannfrei

SchlankelSchlankeldann Froh


Melancholisch.


ISABELLA. Und Ihnen, Fräulein Marie, hab' ich ein großes, ungeheuer wichtiges Geheimnis anzuvertrauen.

ALLE VIER neugierig. Ein Geheimnis?

ISABELLA zu Marien. Den Papa betreffend! Spricht leise ihr ins Ohr.

WALBURGA. 's ist doch etwas sonderbar, das Sich- in-die-Ohren-Zischeln.

AGNES. 's schaut aus, als ob wir des hohen Vertrauens nicht würdig wären!

IRENE. Von einer Freundin kränkt so was tief!


Phlegmatisch.


SCHLANKEL zur Mitte eintretend. Mit Erlaubnis, meine Herrn –!

FELIX. Was will Er?

ROBERT seinen Grimm über Schlankels Anblick unterdrücken wollend, für sich. Mir juckt's in allen Fingerspitzen!

SCHLANKEL. Nur fragen, ob Sie über alle Punkte unserer Operation einig sind, so wie ich sie Ihnen projektiert?

ALLE VIER. Einig! Vollkommen einig!

SCHLANKEL. Schön, meine Herren, schön, ich empfehl' mich indessen! Eilig zur Mitte ab.


[87] Sanguinisch.


FROH aus der Seitentiire kommend, ordnet noch an seinem Anzug. Wenn ich keinem Bräutigam gleichseh', so weiß ich's nit – jetzt ein paarmal bei ihren Fenstern vorbei, das muß einen günstigen Eindruck machen. Zur Mitte ab.


Melancholisch.


MARIE zu den übrigen. Ihr sollt es erfahren, Freundinnen, aber jetzt noch nicht!

WALBURGA sehr pikiert. O, wir stehn nicht an auf deine Geheimnisse!

AGNES. Kannst s' ganz für dich behalten!

IRENE. Aber so wie dein Mund, so verschließen sich auch unsere Herzen auf ewig vor dir.

MARIE. Ich weiß nicht, wie ihr mir vorkommt.

WALBURGA. Wir zwingen niemandem unsere Freundschaft auf.

AGNES. Gott sei Dank, das haben wir nicht nötig, aber stark ist es.

WALBURGA. Ah, das ist ja – ich finde gar keinen Ausdruck!

MARIE. Ich weiß nicht, soll ich mich ärgern oder soll ich lachen?

AGNES. Das wär' eine Freundin!

AGNES UND WALBURGA. Haha!

IRENE zugleich. O weh!

SCHLANKEL zur Mitte eintretend. Meine Damen, ich bemerke hier nicht die größte Einigkeit. Beiseite. Wie halt Frauenzimmer beisammen sind –

WALBURGA. Wir wären einig, aber die Marie –

MARIE. Ich wäre einig, aber die Walburga, die Agnes und die Irene –

SCHLANKEL. Lassen Sie diese Differenzen bis nach die Hochzeiten und wenden Sie Ihr Augenmerk jetzt lediglich auf den Hauptzweck. Der Feind ist da, die Liebe ist in Gefahr, ich bin zum Befehlshaber ernannt, und als solcher gebiete ich Erstreckung dieser Tagsatzung.[88]

MARIE. In fünf Minuten denk' ich an solche Dummheiten gar nicht mehr.

WALBURGA. Ich will mir Mühe geben, meinen gerechten Grimm zu bezähmen.

AGNES. Es is eigentlich gar nicht der Müh' wert, daß man sich zürnt.

IRENE. Ich schweige, doch so etwas läßt einen nagenden Wurm in der Seele zurück.


Phlegmatisch.


FELIX. Unser Sammelplatz, der Zentralpunkt, von dem unsere Unternehmungen ausgehen, bleibt das Kaffeehaus drüben.

EDMUND, ROBERT, GUIDO. Ganz recht!


Melancholisch.


SCHLANKEL. Hören Sie also, was zufolge des neugeschmiedeten Planes Ihnen zu tun erwächst.

ALLE VIER. Sprechen Sie!

SCHLANKEL für sich. Das haben alle viere zugleich g'sagt, das einzige, über was Frauenzimmer immer einig sind, daß gesprochen werden muß. Laut. Die Hauptaufgabe ist: Die bestimmten Bräutigams müssen freiwillig entsagen, und von die Liebhaber muß jeder das Herz des betreffenden, ihn annoch hassenden Papas gewinnen. Sie haben dabei zwei leichte Sachen zu tun: Das eine ist Ihnen leicht, weil Sie Frauenzimmer sind, Sie müssen sich verstellen, nämlich so, als ob Sie in den Bräutigam, der zu Ihnen kommen wird, verliebt wären – und das andere ist Ihnen auch leicht, weil Sie liebenswürdige Frauenzimmer sind, Sie müssen den Bräutigam, der zu Ihnen kommen wird, in sich verliebt machen.

WALBURGA. Das ist ja aber ganz gegen unsern Zweck!

SCHLANKEL. Ruhig, ruhig! Es wird da ein eigenes Changement vorgenommen werden.


[89] Phlegmatisch.


ROBERT. Also adieu!


Melancholisch.


MARIE. Wie denn das? Erklären Sie uns –

SCHLANKEL. Keine Spur von Zeit dazu!


Phlegmatisch.


EDMUND, GUIDO, FELIX. Adieu! Alle ab bis auf Edmund, welcher zurückbleibt.


Melancholisch.


SCHLANKEL. Der Befehlshaber hat gesprochen, damit Punktum!

WALBURGA. Gut also! Komm, Agnes, wir gehen! Mit Agnes zur Mitte ab.

MARIE. Adieu, Irene!

IRENE zu Marien. Ich verzeihe dir den Verrat an der Freundschaft, vergessen kann ich ihn nicht. In die Seitentüre ab, Marie mit Isabellen zur Mitte ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 3, Wien 1962, S. 87-90.
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