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[292] Frau von Cypressenburg. Titus.
FRAU VON CYPRESSENBURG. Insolente Person das!
TITUS für sich. Meine Stellung hier im Hause gleicht dem Brett des Schiffbrüchigen; ich muß die andern hinunterstoßen, oder selbst untergehn. Laut. Oh, gnädige Frau, dieses Frauenzimmer hat noch andere Sachen in sich.
FRAU VON CYPRESSENBURG. War sie etwa unhöflich gegen Sie?
TITUS. Oh, das nicht, sie war nur zu höflich; es sieht kurios aus, daß ich darüber red', aber ich mag das nicht; diese Person macht immer Augen auf mich, als wenn – und red't immer, als ob – und tut immer, als wie – und – ich mag das nicht.
FRAU VON CYPRESSENBURG. Sie soll fort, heute noch. –
TITUS. Und dann betragt sich der Friseur auch auf eine Weise; er hat ein fermes Liaison-Verhältnis mit der Kammerfrau, was doch ganz gegen den Anstand des Hauses –
FRAU VON CYPRESSENBURG. Den dank' ich ab.
TITUS. Mich verletzt so was gleich, diese Liebhaberei, dieses Charmieren, ich seh' das nicht gern, Beiseite. ich tu's lieber selber.
FRAU VON CYPRESSENBURG beiseite. Welch zartes, nobles Sentiment! Laut. Marquis hat mich zum letzten Male frisiert.
TITUS. Und dann is noch die Gärtnerin, – na, da will ich gar nichts sagen.
FRAU VON CYPRESSENBURG. Sprechen Sie, ich will es!
TITUS. Sie hat mir einen halbeten Heiratsantrag gemacht.
FRAU VON CYPRESSENBURG. Impertinent!
TITUS. Einen förmlichen halbeten Heiratsantrag.
FRAU VON CYPRESSENBURG. Die muß heute noch aus meinem Hause.
TITUS für sich. Alle kommen s' fort; jetzt kann ich blonder Jüngling bleiben. Laut. Mir ist leid, daß ich –
FRAU VON CYPRESSENBURG. Schreiben Sie sogleich an alle drei die Entlassungsbriefe.[292]
TITUS. Nein, das kann ich nicht; mein erstes Geschäft als Sekretär darf kein so grausames sein.
FRAU VON CYPRESSENBURG. Nein, ein edles Herz hat der junge Mann!
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