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[279] Vorige, ohne Salome.
CONSTANTIA ihr verwundert nachblickend. Hm, – dieses Geschöpf, ich muß gestehen, daß mir die Sache höchst verdächtig vorkommt.[279]
TITUS sich nur nach und nach von seiner Verlegenheit erholend. Was?
CONSTANTIA. Sie war so bewegt, so ergriffen –
TITUS. Über einen Rothaarigen, das haben S' ja g'hört.
CONSTANTIA. Von dem sprach sie, aber über Ihre Person schien sie aufs heftigste –
TITUS. Jetzt hör'n Sie auf; was fallt Ihnen ein.
CONSTANTIA. Sie werden mir doch nicht abstreiten wollen, daß sie in der heftigsten Bewegung war?
TITUS. Was geht denn aber das mich an? Zuerst hab'n S' mich völlig ausg'macht, weil sie bewegungslos war, und jetzt fahr'n S' über mich, weil sie eine Bewegung hat; ich begreif' gar nicht –
CONSTANTIA. Nun, werd'n S' nur nicht gleich böse, ich kann ja unrecht haben. – Daß Sie in Verbindung mit einer so gemeinen Person – das wäre ja unglaublich.
TITUS. Ich glaub's. Ich bin ein Jüngling, der Karriere machen muß; Mit Beziehung. Meine Ideen schweifen ins Höhere –
CONSTANTIA kokett. Wirklich? 's war nur ein Glück, daß der unangenehme Auftritt in Abwesenheit der gnädigen Frau, – die gnädige Frau haßt das Gemeine ungemein, sie hat für nichts Sinn, als für geistige Bildung, so wie ich; sie ist selbst Schriftstellerin.
TITUS. Schriftstellerin?
CONSTANTIA. Wenn einmal von etwas Literarischen die Rede sein sollte – Sie wissen doch was davon?
TITUS. Nein.
CONSTANTIA. Das ist schlimm.
TITUS. Kinderei. Wenn ich auch nichts von der Schriftstellerei weiß, von die Schriftsteller weiß ich desto mehr. Ich darf nur ihre Sachen göttlich finden, so sagt sie gewiß: »Ah, der Mann versteht's, – tiefe Einsicht, – gründliche Bildung!«
CONSTANTIA. Sie sind ein Schlaukopf. Für sich. Das ist doch ganz ein anderer Mensch als mein Friseur.[280]
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Der Talisman
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