Zehnter Auftritt

[61] Zwirn. Leim von links.


LEIM. Du bist ein Lump in Folio, du trittst dein Glück mit Füßen. Wegen meiner, wenn du die guten Tag' nicht ertragen kannst, so geh hin, wo der Pfeffer wachst.

ZWIRN. Bruder Leim, du mußt nicht bös sein. Schau, ich blieb' gern bei dir, aber ich halt's nicht aus. Ich hab' eine Herzensangst in mir, eine Bangigkeit – mit einem Wort, Bruder, ich halt's nicht aus.

LEIM. Schau, damit du siehst, daß ich dein wahrer Freund bin, so leg' ich für dich hundert Dukaten an; die kriegst aber nicht eher, als bis du dich fest und ordentlich wo ansässig machst. Außerdem hast du keinen Groschen von mir zu erwarten.

ZWIRN. Wann krieg' ich die hundert Dukaten?

LEIM. Wenn du ordentlich und fleißig geworden bist.

ZWIRN für sich. Da krieg' ich mein Leben keinen Kreuzer. Laut. Ich will dir einen Vorschlag machen: gib du mir jetzt 4 oder 5 Dukaten, das ist mir lieber, als wenn du mir nachher 1000 gibst.

LEIM. Keinen Kreuzer eher, als bis du brav und ordentlich geworden bist.

ZWIRN. Na so b'hüt' dich Gott. Für sich. Jetzt weiß ich[61] nicht, soll ich ihm was sagen davon, daß ich ihm seinen Dienstboten entwend'? – Nein – zu was braucht er das zu wissen. – Laut. Bruder Leim, der Abschied von dir fallt mir schwer – aber – ich halt's nicht aus.

LEIM. Du kriegst alles, wenn du fleißig, brav und arbeitsam geworden bist.

ZWIRN. Das halt' ich nicht aus. Läuft ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 61-62.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der böse Geist Lumpazivagabundus
Der böse Geist Lumpazivagabundus: Oder Das liederliche Kleeblatt