Achter Auftritt

[58] Knieriem allein.


KNIERIEM. Die glaubt nicht an den Kometen, die wird Augen machen. – Ich hab' die Sach' schon lang' heraus. Das Astralfeuer des Sonnenzirkels ist in der goldnen Zahl des Urions von dem Sternbild des Planetensystems in das Universum der Parallaxe, mittelst des Fixstern-Quadranten, in die Ellipse der Ekliptik geraten; folglich muß durch die Diagonale der Approximation der perpendikulären Zirkeln, der nächste Komet die Welt zusammstoßen. Diese Berechnung ist so klar wie Schuhwix. Freilich hat nicht jeder die Wissenschaft so im klein Finger als wie ich; aber auch der minder Gebildete kann alle Tag Sachen genug bemerken, welche deutlich beweisen, daß die Welt nicht lang mehr steht. Kurzum, oben und unten sieht man, es geht rein auf'n Untergang los.


Lied.


Es is kein Ordnung mehr jetzt in die Stern,

D' Kometen müßten sonst verboten wer'n:

Ein Komet reist ohne Unterlaß

Um am Firmament, und hat kein Paß,

Und jetzt richt' a so a Vagabund

Uns die Welt bei Butz und Stingel z'grund;

Aber lass'n ma das wie's oben steht,

Auch unt' sieht man, daß's auf'n Ruin losgeht.


Abends traut man ins zehnte G'wölb sich nicht hinein

Vor Glanz, denn sie richten s' wie d' Feentempel ein;

Der Zauberer Luxus schaut blendend hervur,

Die böse Fee Crida sperrt nacher's G'wölb zur.

Da wird einem halt angst und bang,

Die Welt steht auf kein Fall mehr lang.


Am Himmel is die Sonn jetzt voll Kapriz,

Mitten in die Hundstag gibt's kein Hitz;[58]

Und der Mond geht auf so rot auf Ehr,

Nicht anderster, als wann er b'soffen wär'.

Die Millichstraßen, die verliert ihr'n Glanz,

Die Milliweiber ob'n verpantschen s' ganz;

Aber lass'n ma das, herunt' geht's z' bunt,

Herunt' schon sieht man's klar, die Welt geht z'grund.


Welche hätt' so ein g'schecketen Wickler einst mög'n,

A Harlekin is ja grad nur a Spitzbub dageg'n;

Im Sommer trag'n s' Stiefeln, à jour-Strümpf im Schnee,

Und statt Haub'n hab'n s' gar Backenbärt von tull anglais.

Da wird einem halt angst und bang,

I sag': d' Welt steht auf kein Fall mehr lang.


Der Mondschein, da mög'n s' einmal sag'n was s' woll'n,

Ich find' er is'auf einer Seiten g'schwoll'n.

Die Stern wer'n sich verkühl'n, ich sag's voraus,

Sie setzen sich zu stark der Nachtluft aus.

Der Sonn' ihr G'sundheit ist jetzt a schon weg,

Durch'n Tubus sieht man's klar, sie hat die Fleck;

Aber lass'n ma das was oben g'schiecht,

Herunt' schon sieht man, 's tut's in d' Länge nicht.


Sie hab'n Zeitungen jetzt, da das Pfennig-Magazin,

Da is um ein Pfennig all's mögliche drin;

Jetzt kommt g'wiß bald a Zeitschrift heraus, i parier',

Da krieg'n d' Pränumeranten umsonst Kost und Quartier.

Da wird einem halt angst und bang,

Die Welt steht auf kein Fall mehr lang.


Repetition.


Die Fixstern sag'n s' sein allweil auf ein Fleck,

's is erlog'n, beim Tag sein s' alle weg;

's bringt jetzt der allerbeste Astronom

Kein saubre Sonnenfinsternis mehr z'samm.

Die Venus kriegt auch ganz ein andre G'stalt,

Wer kann davor, sie wird halt a schon alt;[59]

Aber wenn auch ob'n schon alles kracht,

Herunt' ist was, was mir noch Hoffnung macht.


Wenn auch's meiste verkehrt wird, bald drent und bald drüb'n,

Ihre Güte ist stets unverändert geblieb'n;

Drum sag' i, aus sein Gleis wird erst dann alles flieg'n,

Wenn Sie Ihre Nachsicht und Huld uns entzieh'n.

Da wurd' ein erst recht angst und bang,

Denn dann stund' d' Welt g'wiß nicht mehr lang.


Ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 58-60.
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