Vierzehnter Auftritt

[458] Madame Knorr, Frau von Fischer, Weinberl, Christoph.

Weinberl führt Frau von Fischer, Christoph Madame Knorr, Frau von Fischer trägt einen Burnus mit Hut und Schleier in Farbe und Fasson ganz jenen von Marien ähnlich.


FRAU VON FISCHER zu Weinberl. Ich begreife nicht, mein Lieber, was dir eingefallen ist, daß du den Wag'n fortfahren ließest? –

MADAME KNORR. Hier bekommen wir ja wieder Wägen soviel wir wollen.

CHRISTOPH. O ja, wenn man kein Geld anschaut.

WEINBERL leise zu Christoph. Ich werd' sehr bald kein Geld anschauen, denn ich werd' gleich keins mehr haben. Laut zu Frau von Fischer. Weißt du, Liebe, ich hab' geglaubt, es is angenehmer, wenn wir zu Fuß nach Hause gehen.

FRAU VON FISCHER. Zu Fuß? –

MADAME KNORR. Aha, im Mondschein mit dir dahinschlendern und schwärmen hat er wollen.

WEINBERL. Ja, schlendern und schwärmen.

CHRISTOPH zu Madame Knorr. Und wir hätten auch das Unsrige geschwärmt.

MADAME KNORR. O Sie schlimmer Cousin!

WEINBERL. Ja ja, gehn wir zu Fuß, das is so schwärmerisch Beiseite. und so billig.

FRAU VON FISCHER. Warum nicht gar, der Abend ist kühl, willst du mich morgen krank wissen?

MADAME KNORR. In dieser Hinsicht soll man wohl nicht sparen. – Eine Krankheit kommt höher als zehn Fiaker.

WEINBERL für sich. Mich kommt wieder ein Fiaker höher, als wenn s' morgen zehn Krankheiten kriegt.

FRAU VON FISCHER zu Weinberl. Ohne Widerrede, wir fahren.

MADAME KNORR zu Frau von Fischer. War das aber ein guter Rat von mir, daß ich g'sagt hab', um den Mantel nach Haus schicken.

FRAU VON FISCHER. Jawohl, aber hier will ich doch ablegen.


[458] Geht zu einem am Fenster stehenden Stuhl und legt den Burnus ab, wobei ihr Madame Knorr behülflich ist.


WEINBERL im Vordergrund zu Christoph. Christoph! Sie haben doch etwas Geld bei sich?

CHRISTOPH. Nein, gar keins.

WEINBERL. Sie sind ein – auf Ehr, wenn Sie nicht schon Kommis wär'n, jetzt beutlet' ich Ihnen, daß –

CHRISTOPH. Und wenn S' mich noch so beuteln, so fallt kein Kreuzer heraus, ich hab' mich auf Ihnen verlassen, wie viel haben S' denn?

WEINBERL. Ich hab' mir von z' Haus 10 Gulden mitg'nommen.

CHRISTOPH. Und mit 10 fl. hab'n Sie wollen ein verfluchter Kerl sein?

WEINBERL. Hab' ich das ahnen können, wie ich in der Fruh so ledig ausgangen bin, daß ich gegen Abend eine Frau hab'? Sonst sagt man: 's Unglück kommt über Nacht, mir is es über Mittag kommen. – Und daß ich alles zahlen muß, hab' ich mir auch nicht denkt, jetzt hab' ich grad noch zwei Gulden.

CHRISTOPH. Und jetzt brauchen wir a Jausen auf vier Person, Wagen nach Haus, und unser Ruckreis' –

WEINBERL. Das is das klare Bild einer Krida.

FRAU VON FISCHER mit Madame Knorr vorkommend. Nun, lieber Mann, du vergißt ja den Kellner zu rufen? –

WEINBERL. Nein, ich hab' grad drauf denkt. Zögernd. Du glaubst also wirklich, daß wir hier jausnen sollen? –

FRAU VON FISCHER. Was sonst?

WEINBERL verlegen. Nein, nein, sonst nix – Beiseite. mir is das z'viel.

FRAU VON FISCHER. So rufe doch –

WEINBERL mit unsicherer Stimme. He Kellner!

FRAU VON FISCHER. So wird dich niemand hören.

WEINBERL. Ich hab' so was Erschöpftes in mir – gar nicht das rechte Organ einen Kellner zu rufen. Ruft wie früher. He Kellner!

CHRISTOPH laut. Kellner! –[459]

FRAU VON FISCHER zu Madame Knorr. Mein Mann macht sich öfter den Spaß, den Knickrigen zu spielen, die Jause soll dich vom Gegenteil überzeugen. Für sich. Ich glaube, der Mensch wollte mich zum besten halten, das soll er mir büßen.


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 458-460.
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