Zwölfter Auftritt

[482] Weinberl, später Christoph am Fenster.


WEINBERL allein, aus dem Hintergrunde links auftretend. Es ist umsonst, der Ort, wo der Zimmermann 's Loch g'macht hat, is nicht zu finden. Fluch dem Schlosser, der dieses Haustor vollendet, dreimal Fluch dem Maurer, der diesen Garten umzäunt, und hundertfufzigmal Fluch denen anderthalb Zenten Leib'sg'wicht, die mich hindern, auf[482] den Flügeln der Angst hinüber zu saltomortalisieren. In jedem Schatten seh' ich einen Zangler, in jedem Geräusch hör' ich einen Zangler, die ganze Natur hat sich für mich in ein Schrecknis aufgelöst, und das heißt Zangler! So war noch kein Associé in der Soß! Diese Mauer muß eine weitschichtige Mahm von der Chinesischen sein – ich muß doch noch amal – Versucht die Mauer zu erklettern. es ist zu hoch, ich kann nicht hinauf.

CHRISTOPH im Frauenzimmermantel und Hut wie früher, öffnet das Fenster im gelben Kabinett und sieht heraus. Es ist zu hoch, ich kann nicht hinab.

WEINBERL. Christoph, sind Sie's?

CHRISTOPH. Ja, ich bin's. Herr Weinberl, sind Sie's?

WEINBERL. Ja, ich bin's.

CHRISTOPH. Helfen S' mir, ich riskier' jeden Augenblick, daß man die Tür einsprengt und mich vor den Prinzipal schleppt.

WEINBERL. Mein Risiko is dasselbe.

CHRISTOPH. Wir sind also vor der Hand verloren.

WEINBERL. Wenn keine Leiter vom Himmel fällt, wenn nicht durch ein Wunder sich Sprisseln in der Luft gestalten, rettungslos verloren.

CHRISTOPH sich zum Fenster herausbeugend. Da kommt wer.

WEINBERL erschrocken. Der Zangler –! Verbirgt sich links hinter ein Gebüsch.


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 482-483.
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