Vierter Auftritt

[472] Fräulein Blumenblatt. Weinberl. Christoph.


WEINBERL. Wollten Ew. Gnaden nicht die Gewogenheit haben – uns mitzuteilen, was eigentlich in dem Brief steht.

FRÄULEIN BLUMENBLATT. Das können Sie sich wohl denken, was ein Onkel schreibt, dem man die Nichte, ein so unschuldiges Mädchen, wie dieses Geschöpf ist, entführt.[472]

CHRISTOPH für sich. So, ich bin also eine Nichte die durchgangen is?

WEINBERL. Und ich bin der, der dieses Frauenzimmer Auf Christoph deutend. auf Abwege gebracht hat?

FRÄULEIN BLUMENBLATT. Ihre Frage mein Herr, ist ein sehr unzeitiger Scherz.

WEINBERL. Fallt mir nicht ein zu scherzen, aber wir sind einmal hier in einer Art Gefangenschaft, und da möcht' man halt doch gern wissen warum. Leise zu Christoph. Soll'n wir ihr sagen wer wir sind?

CHRISTOPH leise zu Weinberl. Das wär' riskiert, der Teufel könnt sein Spiel hab'n, daß der Prinzipal durch die siebzehnte Hand was erfahret.

WEINBERL. Dieser Onkel wird wohl nicht lang ausbleiben?

FRÄULEIN BLUMENBLATT. Er soll jeden Augenblick hier sein.

WEINBERL leise zu Christoph. So lang können wir warten.

CHRISTOPH leise zu Weinberl. Da kommt dann die Konfusion von selbst ins reine.

WEINBERL zu Christoph. Freilich, wie dieser Onkel uns sieht, hat die G'schicht ein End.

FRÄULEIN BLUMENBLATT welche die letzten Worte gehört hat. Und ich sag Ihnen, nein, sie soll kein Ende haben; ich kann ja nicht grausam sein, wenn ich Liebende sehe, das Bündnis Ihrer Herzen soll nicht zerrissen werden. Schnupft.

WEINBERL. Es kann eigentlich nicht zerreißen, weil –

FRÄULEIN BLUMENBLATT. Weil ich alles vermitteln, und den Zorn meines Schwagers besänftigen will.

WEINBERL. Also haben Sie einen Schwager, der zornig is?

FRÄULEIN BLUMENBLATT. Wie können Sie fragen. Doch fassen Sie Mut, junger Mann.

WEINBERL. Ich werd' so frei sein.

FRÄULEIN BLUMENBLATT. Ihr seid Flüchtlinge, euer Schicksal rührt mich, denn es ist ja ganz wie mein Schicksal, Schnupft. auch ich hab' einst geliebt.

CHRISTOPH. Das kann ich mir denken.

FRÄULEIN BLUMENBLATT. Und der Mann, der mich liebte –

WEINBERL beiseite. Das kann ich mir nicht denken.[473]

FRÄULEIN BLUMENBLATT. War auch fürs Entfliehen eingenommen, wie Sie, nur mit dem Unterschied, daß er allein geflohen ist.


Schnupft.


WEINBERL für sich. Ah, jetzt kann ich mir's denken.

FRÄULEIN BLUMENBLATT. Flucht war es einmal, das ist gewiß. Und wie gesagt, ich will nicht ruhen, bis ich so mit euch Nimmt beider Hände. vor den versöhnten Oheim hintreten, eure Hände ineinanderfügen Tut es. und ein glückliches Paar segnen kann.


Macht eine segnende Bewegung.


WEINBERL. Christopherl!


Christoph kichert laut.


FRÄULEIN BLUMENBLATT zu Weinberl. Was für ein Scherz? Wie können Sie in einem so ernsten Augenblick zu Ihrer Braut Christopherl sagen?


Christoph platzt in lautes Gelächter aus.


FRÄULEIN BLUMENBLATT böse zu Christoph. Lachen Sie nicht, Mamsell.


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 472-474.
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